Bisher habe ich ja der Verlockung widerstanden, etwas zum Limburger Skandal-Bischof (Darf man den überhaupt so nennen, ohne gegen das Sachlichkeitsgebot zu verstoßen?) zu schreiben. Ist ja auch nicht nötig in einem Strafrechtsblog, zumal die Gazetten und das Internet ja ohnehin voll mit Thema beschäftigt sind. Andererseits gibt es ja auch strafrechtliche Implikationen, schließlich ist gegen den Mann ja ein Strafverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung anhängig, weil er im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Brasilien gegenüber einem Gericht gelogen haben soll, und manche sprechen im Zusammenhang mit dem reichlich teuren Bischofssitz einschließlich Luxusbadewanne und erhöhtem Klo von einem Untreueverdacht in Bezug auf das undurchschaubare Kirchenvermögen.
Was mich veranlasst, nun doch ein paar Gedanken zu der Causa abzusondern, ist die Tatsache, dass der ansonsten ja ob seiner Unkonventionalität und demonstrativer Bescheidenheit auch von mir sehr geschätzte Papst Franziskus den Mann offensichtlich vorerst im Amt halten will und sich damit dem Mainstream in der bundesdeutschen Presse und wohl auch unter den katholischen Gläubigen in unserem Land widersetzt. Immerhin soll der Bischof nicht sofort nach Limburg zurückkehren, sondern erst einmal ein paar Sabbat-Wochen oder Monate hinter sich bringen. Vielleicht hofft der Papst ja, dass in dieser Zeit ein wenig Gras über die Sache wächst.
Einerseits – so könnte man als Strafverteidiger meinen – ist die Entscheidung des Papstes ja unabhängig und weise und trägt der Unschuldsvermutung Rechnung. Die Kirche und ihr oberster Hirte dürfen sich nicht einfach so dem Mainstream beugen. Andererseits hat das Ganze aber auch eine Menge mit der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche zu tun, und die ist ja nicht erst seit den teuren bischöflichen Eskapaden in Limburg angeschlagen. Der neue Papst hat für den Katholizismus viel Sympathie hinzugewonnen, indem er auf Franziskanerart auf viele päpstliche Privilegien verzichtet, eine arme, sozial engagierte Kirche predigt, die Sexualmoral in erstaunlicher Offenheit neu bewertet und sich von seinem bisweilen seltsam weltentrückt wirkenden deutschen Vorgänger durch bodenständige Menschennähe erfreulich abhebt. Das sind nur einige wenige positive Aspekte seines ja noch recht jungen Pontifikats.
Und jetzt das! Dieser Tebartz-van Elst. Mehr als nur ein Mini-GAU (falls diese in sich leicht widersprüchliche Vokabel erlaubt ist), zumindest bei uns in Deutschland. Autoritär und im negativen Sinne konservativ soll der Mann sein, als eitel, selbstgerecht und prunksüchtig wird er beschrieben. In seinem Bistum hat er regelrecht verschissen, so scheint es, nicht nur die Gemeinde, sondern auch große Teile des Limburger Kirchenpersonals wenden sich öffentlich von ihm ab. Kaum vorstellbar, dass der so Gescholtene nochmal auf seinen Bischofsstuhl zurückkehrt, nicht mal ein Rückflug mit Ryanair würde ihm die Menschen wieder zutreiben können. Der Flurschaden ist jetzt schon unermesslich groß, weitere Kirchenaustritte würden wohl folgen und Vieles, was Franziskus gerade mit Erfolg begonnen hat, würde jedenfalls in der Region auf reichlich trockenen Boden fallen. Auch die Kirche lebt in einer medialen Welt, und im Falle des TvE ist einfach zu viel ans Tageslicht gekommen, als dass dies noch einmal zugeschüttet werden könnte. Selbst wenn die jetzt angeordneten Untersuchungen zu dem Ergebnis führen sollten, dass der Bischof bei seinem prunksüchtigen Gehabe noch viel mehr Mitwisser und Unterstützer gehabt hat, wird ihm das nie mehr die verlorene bischöfliche Autorität, auf welche die Kirche dringend angewiesen ist, zurückgeben können. Längst ist er zum Gespött geworden, zum gefälligen Thema für Comedy und Satire, da beißt keine Maus mehr einen Faden von ab.
Das wird auch der Papst früher oder später zu Kenntnis nehmen müssen: Hier geht es nicht mehr um prinzipielle Solidarität mit einem Bischof, der vielleicht einen Fehler gemacht hat, oder um den Nachweis der Prinzipienfestigkeit der Kirche gegenüber launiger Presseberichterstattung, hier geht es um politisches und psychologisches Gespür im Hinblick auf eine Menge von Katholiken, die sich die Frage stellen, ob sie mit dieser Amtskirche noch verbandelt sein wollen. Wenn der Bischof selbst schon nicht in der Lage ist zu erkennen, was die Stunde geschlagen hat, dann sollte Franziskus nach Wegen suchen, ihn dauerhaft aus dem Fadenkreuz zu ziehen. Möglichst schnell und ohne das Ergebnis von Ermittlungen abzuwarten.
In dubio pro reo ist ein elementarer Grundsatz im Strafprozess. In der Politik oder im kirchlichen Leben kann er nur beschränkte Gültigkeit beanspruchen. Hier geht es um positive Glaubwürdigkeit. Ist die erst mal so richtig ruiniert, helfen keine Zweifelgrundsätze. Nicht bei Präsidenten und auch nicht bei Bischöfen.
Kategorie: Strafblog
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