Polizeichef von Rosenheim wegen Körperverletzung im Amt zu 11 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt



Veröffentlicht am 28. November 2012 von

Schneidezähne, Photo taken by dozenist on June 10, 2006.

Wenn Polizisten auf der Wache oder bei einem Einsatz grundlos gewalttätig werden, sieht es für das Opfer der Übergriffe zumeist schlecht aus. Nach dem Motto „Haltet den Dieb“ gibt´s dann standardmäßig die Widerstandsanzeige gegen den Misshandelten, der  angeblich in Verkennung der Macht- und Kräfteverhältnisse die ihm körperlich weit überlegenen Polizeibeamten angegriffen hat, so dass diese in bloßer Selbstverteidigungsabsicht unmittelbaren Zwang anwenden mussten. Externe Zeugen gibt´s auf den Polizeiwachen zu gut wie nie, und die Beamten decken sich nach dem Krähenprinzip fast immer gegenseitig. Immerhin ist es mir schon häufiger gelungen, die Polizeizeugen im Rahmen der Befragung in der Hauptverhandlung so sehr in Widersprüche zu verstricken, dass auch das Gericht Zweifel an deren Darstellung hatte und schließlich ein Freispruch oder eine Verfahrenseinstellung erreicht werden konnte. Dass die Staatsanwaltschaft daraus allerdings die Schlussfolgerung gezogen hätte, nunmehr gegen die Polizisten ein Verfahren wegen vorsätzlicher falscher Verdächtigung und Körperverletzung im Amt einzuleiten, habe ich noch nie erlebt und dürfte auch die große Ausnahme sein.  Da wird dann recht exzessiv der Zweifelsgrundsatz  zu Gunsten der Polizisten ins Feld geführt, auch insoweit stehe ja schließlich Aussage gegen Aussage.

Insoweit ist es schon etwas Besonderes, was gestern beim Landgericht Traunstein geschah. Da wurde nämlich der Polizeichef von Rosenheim wegen Körperverletzung im Amt zu elf Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt, weil er einen damals 15-Jährigen während des Rosenheimer Volksfestes auf der Wache mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen und ihn mit Tritten und Schlägen nicht unerheblich verletzt hatte. Ein abgebrochener Zahn, mehrere wackelnde Zähne und eine Platzwunde an der Lippe waren die Folge, wie bei ntv.de  nachzulesen ist.  Ich habe im strafblog  früher bereits über den Fall berichtet.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den vom Dienst suspendierten 51-Jährigen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten gefordert, was zur Regelentfernung aus dem öffentlichen Dienst führen würde. Dass das Gericht knapp unter der magischen Grenze von einem Jahr geblieben ist, soll wohl diesen Automatismus vermeiden helfen und ist sicher ein Wermutstropfen in der Entscheidung. Immerhin hatte der Polizeichef die Tat teilweise eingeräumt und auch seine Verteidiger hatten nicht auf Freispruch, sondern auf eine Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung plädiert. Jetzt wird abzuwarten bleiben, ob die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Revision einlegen wird, um doch noch eine höhere Strafe zu erreichen. Aber wir wissen ja, dass der Bundesgerichtshof an die Strafzumessung in aller Regel nicht rangeht und diese der tatrichterlichen Beurteilung überlässt, soweit die Strafe nicht offensichtlich unvertretbar milde oder unvertretbar hart ist.

 

 


Kategorie: Strafblog
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