3 Freilassungen im Hamburger Piratenprozess – Der junge Somalier ist überglücklich



Veröffentlicht am 13. April 2012 von

 

Die Jugendkammer des Hamburger Landgerichts hat heute die Haftbefehle gegen 3 junge Somalier, die im ersten Piratenprozess auf deutschem Boden seit 400 Jahren angeklagt sind, aufgehoben und die Freilassung verfügt. Die übrigen 7 Angeklagten, sämtlich Erwachsene,  verbleiben vorerst in Haft. Mein Mandant, der jüngste Angeklagte, zeigte sich von der aus meiner Sicht überfälligen Entscheidung überwältigt. „Jetzt beginnt ein neues Leben“, sagte er strahlend, bevor er den Gerichtssaal ein letztes Mal durch den in die Vorführzellen führenden Gang verließ, um seine persönliche Habe abzuholen. Gemeinsam mit den beiden anderen unter das Jugendrecht fallenden Männern wird er bis auf weiteres in einer Jugendhilfeeinrichtung wohnen und von dort aus die ersten Schritte in die neue Freiheit machen. Und zum ersten Mal in seinem Leben wird er die Chance haben, mit einem festen Dach über dem Kopf und ohne Hunger und Angst vor dem Bürgerkrieg sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Mit seiner Haftentscheidung, die gegen den Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgte, hat das Gericht nun endlich wiederholten Anträgen der Verteidigung entsprochen. Die Kammer war unter Entscheidungsdruck geraten, nachdem das Hanseatische Oberlandesgericht Ende Dezember des letzten Jahres in einer Haftentscheidung eine Frist bis Ende März gesetzt hatte, das Verfahren gegen Abdiwali entweder abzutrennen und zu entscheiden oder den Haftbefehl aufzuheben. In der Begründung der Haftentscheidung heißt es,  dass zwar immer noch dringender Tatverdacht und auch Fluchtgefahr vorliege. Letztere sei aber aufgrund der langen Untersuchungshaft deutlich abgeschwächt. Eine Fortdauer der Haft sei nicht mehr verhältnismäßig.

Über das Schicksal meines Mandanten hatte Beate Lakotta schon im März 2011  in einem vielbeachteten SPIEGEL-Beitrag, der für den renommierten Egon-Erwin-Kisch-Preis als beste Reportage nominiert ist, berichtet.

Ich freue mich ganz besonders für den Jungen, der mir in den bisherigen 16 Monaten Verhandlungsdauer sehr ans Herz gewachsen ist. Auch wenn das Verfahren noch nicht beendet ist und noch etliche Überraschungen zu erwarten sind, bin ich überzeugt davon, dass er nicht mehr ins Gefängnis zurück muss. Die Verhängung einer noch weiter zu verbüßenden Jugendstrafe würde allen erzieherischen und sonstigen jugendrechtlichen Strafzumessungsgesichtspunkten widersprechen. Ich bin überzeugt davon, dass der junge Mann die Chancen, die ihm die Freiheit bietet, nutzen wird.


Kategorie: Strafblog
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