Das Landgericht Mönchengladbach hat die Berufung eines von mir verteidigten Marokkaners verworfen, der wegen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer 8-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Der zweimal einschlägig vorbestrafte Mann hatte in einem Kaufhaus zwei hochwertige Jeans zum Preis von jeweils 198 Euro in eine mit Alufolie ausgekleidete Tasche gesteckt und wollte das Geschäft ohne Bezahlung verlassen, als er von einem Ladendetektiv gestellt wurde.
Die Tat hatte er vor Gericht zugegeben, zu seinem Tatmotiv allerdings keine Angaben gemacht. Gewerbsmäßig und damit besonders schwer sei der Diebstahl gewesen, hatte das Amtsgericht in erster Instanz verkündet, der Mann habe sich ersichtlich eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen wollen. Ich hatte auch im Berufungsverfahren dagegen gehalten und die Auffassung vertreten, dass „nur“ ein einfacher Diebstahl vorliege, weil es keine allgemeine Lebenserfahrung gebe, dass ein Mann, der sich illegal in Deutschland aufhält und innerhalb von 2 Jahren schon zweimal wegen gleichgelagerter Taten verurteilt und zwischendurch auch abgeschoben worden ist, vom Diebstahl lebe. Es könne doch sein, dass der Mann – wie viele andere Illegale auch – seinen Lebensunterhalt mit Schwarzarbeit verdiene oder von Landsleuten durchgezogen werde und nur vereinzelt mal gestohlen habe. Außerdem stehe eine Freiheitsstrafe in Höhe von 8 Monaten außer Verhältnis zu dem relativ geringen Schadenbetrag, zumal sich der Schaden ja gar nicht realisiert habe, weil der Mann ja erwischt worden sei.
Die Strafkammer hatte das Verfahren am ersten Verhandlungstag vertagt, weil noch der Ladendetektiv, der den Mann auf frischer Tat ertappt hatte, gehört werden sollte. Der war konnte dann allerdings nicht geladen werden, so dass wir ohne ihn weitermachen mussten.
Der Staatsanwalt hat mir in seinem Plädoyer immerhin darin zugestimmt, dass 8 Monate Freiheitsstrafe im Verhältnis zu anderen Strafen, wie sie z.B. bei sehr viel höheren Schadenbeträgen in Betrugs- oder Steuerhinterziehungsfällen verhängt würden, ziemlich viel seien. Allerdings – wen wundert´s – fielen die anderen Strafen nach seiner Auffassung halt zu niedrig aus. Die 8 Monate seien unterm Strich schon in Ordnung und die Berufung deshalb zu verwerfen, auch wenn das Schicksal des Mannes ziemlich traurig sei.
So hat das auch die Strafkammer gesehen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Mann keine legale Erwerbsquelle nachweisen könne und schon zweimal einschlägig vorverurteilt worden sei, müsse man von Gewerbsmäßigkeit ausgehen, zumal auch bei den anderen Taten Alufolie verwendet worden sei, um die elektronische Warensicherung auszuschalten. Die Kammer hat sich dabei auf ein Urteil des OLG Hamm aus dem Jahr 2008 berufen.
Eine Revision dürfte wohl nur geringe Erfolgsaussichten haben. Der Mann muss auch noch mit dem Widerruf einer siebenmonatigen Reststrafe aus einer Vorverurteilung rechnen. Das wären dann insgesamt 15 Monate Haft als Konsequenz für einen schiefgelaufenen Diebstahl von 2 Jeans. Über die im Verhältnis zum Schadenbetrag absurde Kostenbelastung für den Steuerzahler habe ich im strafblog schon berichtet. Vielleicht lässt sich ja eine Abschiebung nach Teilverbüßung gemäß § 456a StPO erreichen. Ich werde mit dem Mandanten auch darüber sprechen.
Kategorie: Strafblog
Permalink: Berufung verworfen – 8 Monate Haft für Ladendiebstahl
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