Das gab´s noch nie: Der Schwester des spanischen Königs wird der Prozess gemacht



Veröffentlicht am 23. Dezember 2014 von

Landgericht Palma

Landgericht Palma

Die Zeiten, in denen Kaiser und Könige die unbeschränkten Herrscher ihres Landes waren, sind längst vorbei. Jedenfalls in Europa. Die Königinnen und Könige von Norwegen, Schweden, Dänemark, Großbritannien, Holland, Belgien und Spanien sind zwar formale Staatsoberhäupter ihrer Länder, üben aber in erster Linie repräsentative Ämter aus und haben die wahre Macht längst den gewählten Regierungen und Parlamenten überlassen müssen. Als Bürger ihres Landes unterliegen sie und ihre Angehörigen dessen Gesetzen und der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Das ist auch gut so.

Strafverfahren gegen Könige und ihre Angehörigen sind auch in der heutigen Zeit selten. In Deutschland wurde zuletzt vor dem Amtsgericht Dresden gegen einen König verhandelt, aber der heißt nur so, nämlich Lothar König, und ist seines Zeichens Jugendpfarrer mit einem ausgeprägten Hang zum Widerstand gegen rechtsradikales Gedankengut, was ihm eine Anklage u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs einbrachte. Inzwischen wurde das von vielen Sonderbarkeiten geprägte Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt.

Im von wirtschaftlicher Rezession, hoher Arbeitslosigkeit und einer verlorenen Fußballweltmeisterschaft geprägten Spanien kommt jetzt erstmals ein hochrangiger Royal vor Gericht, nämlich Infantin Cristina, die Schwester des seit kurzem amtierenden Königs Felipe VI. Wie spiegel-online berichtet, hat der mallorquinische Richter José Castro gegen das Votum der Staatsanwaltschaft, die das Verfahren gegen Zahlung von 600.000 Euro einstellen wollte, entschieden, dass sich die 49-Jährige wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem früheren Handballstar Iñaki Urgandarin, und weiteren 15 Angeklagten vor Gericht verantworten muss. Der Prozess  soll vermutlich in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres vor dem Landgericht in Palma beginnen. Zu den Angeklagten soll auch der frühere konservative Regeirungschef der Balearen und spätere spanische Umweltminister Jaume Matas gehören, der bereits in anderer Sache wegen Korruption verurteilt worden ist und gegen den noch etliche weitere Ermittlungsverfahren laufen.

Urgandarin soll über eine Firma, die er zumindest auf dem Papier gemeinsam mit der Infantin führte, Gelder aus der gemeinnützigen Stiftung Nóos abgezogen und sich dadurch bereichert haben. Ich habe über den Fall schon mehrfach im strafblog berichtet.

König Felipe VI., seit dessen Inthronisation sich der wegen verschiedener Eskapaden seines Vaters Juan Carlos arg ramponierte Ruf des Königshauses wieder deutlich erholt hat, tut sicher gut daran, dass er erklären ließ, er respektiere die Unabhängigkeit der Justiz. Wobei ich nicht auszuschließen vermag, dass er sich heimlich wünschen würde, er könne das Verfahren durch königliches Dekret verbieten. Aber – wie gesagt – diese Zeiten sind längst vorbei.

Laut spiegel-online muss Cristina nach richterlicher Anordnung 2,6 Millionen Euro Sicherheit hinterlegen. Derselbe Richter hatte ihren Ehemann und dessen früheren Geschäftspartner Fernando Torres zu immerhin 8,1 Millionen Euro Sicherheitsleistung verdonnert. Das nimmt  nicht jeder Normalsterbliche aus der Portokasse, denke ich…


Kategorie: Strafblog
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