Das gibt´s auch: Staatsanwaltschaft nimmt ihre Berufung in der Hauptverhandlung aufgrund neuer Erkenntnisse zurück



Veröffentlicht am 11. Juni 2013 von

Land- u. Amtsgericht Mönchengladbach

Land- u. Amtsgericht Mönchengladbach

Für den Angeklagten ging es in der heutigen Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht Mönchengladbach  um die Wurst: Erstinstanzlich war der mehrfach – auch einschlägig – vorbestrafte Mann wegen unerlaubten Handeltreibens mit Cannabis in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Nur unter Zurückstellung erheblicher Bedenken und weil der alleinerziehende Vater zwei Kinder zu versorgen hat, hatte der Amtsrichter ihm Bewährung gegeben, was in der Sache schon mehr einem Gnadenakt gleichgekommen war. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Berufung eingelegt, eine Bewährung komme ersichtlich nicht in Betracht.

Seit dem erstinstanzlichen Urteil sind 10 Monate vergangen, die zur Verurteilung gelangten Taten liegen inzwischen mehr als eineinhalb Jahre zurück. Der Angeklagte hat die Zeit genutzt, sich von seinem Drogenumfeld getrennt, regelmäßigen Kontakt zur Drogenberatung gepflegt, in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und seinem Bewährungshelfer das Leben geordnet. In der Verhandlung konnten wir ein frisches Drogenscreening vorweisen, das ihm Drogenfreiheit attestierte, ein Arbeitsvertrag wurde vorgelegt und der Mann machte einen guten Eindruck. Ich habe gegenüber dem  sehr jungen Staatsanwalt, der erst seit 2 Wochen im Job steht, angeregt, die Berufung zurückzunehmen, weil sich die Situation gegenüber dem Zeitpunkt der Berufungseinlegung gravierend geändert habe und jedenfalls heute eine positive Prognose zu vertreten sei. Der Staatsanwalt hat sich eine Pause erbeten, hat nachgedacht, Notizen für die Akte geschrieben, und dann hat er meine Anregung aufgegriffen und die Berufung zurückgenommen.

Das war aus meiner Sicht angemessen und konsequent, aber auch couragiert, weil er dies – er steht ja gewissermaßen noch unter Aufsicht – gegenüber seinem Dienstvorgesetzten und Gegenzeichner vertreten muss. Ich denke, dass er da gute Argumente hat.

Man sieht mal wieder, die Zeit spielt für den Angeklagten … jedenfalls dann, wenn sie sinnvoll genutzt wird. Ich wünsche dem Mann, dass er es schafft, drogenfrei zu bleiben und seiner Verantwortung für sich selbst und für seine Kinder dauerhaft gerecht zu werden.

 


Kategorie: Strafblog
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