… meinte der Vorsitzende des Schöffengerichts in Essen heute morgen in seiner mündlichen Urteilsbegründung, nachdem das Gericht meinen Mandanten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 6 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von 2 Jahren verurteilt hatte. 5.800 Stangen unversteuerter Zigaretten, das sind mehr als 1,1 Millionen einzelne Glimmstängel, soll der Mann nach den Urteilsfeststellungen gekauft, sich verschafft und abgesetzt haben. Den dadurch entstandenen Tabaksteuerschaden hatte die Staatsanwaltschaft in der Anklage mit rund 162.000 Euro beziffert. Erschwerend kam hinzu, dass der Angeklagte bereits zweimal einschlägig in Erscheinung getreten war. Die letzte Verurteilung zu einer 15monatigen Bewährungsstrafe lag allerdings schon rund 8 Jahre zurück. Grundlage der Verurteilung war (mal wieder) eine Verfahrensabsprache gem. § 257 c StPO. Die Staatsanwaltschaft hatte – nachdem sie sich ein Bild von der Person des Angeklagten gemacht hatte – „mit Bedenken“ der Verständigung zugestimmt. Dabei dürfte sicher eine Rolle gespielt haben, dass ein streitiges Verfahren bei rund 4.000 Seiten Aktenumfang im ausgetrennten Hauptsacheverfahren etliche Verhandlungstage in Anspruch genommen hätte, so dass dem in Aussicht genommenen Geständnis eine besondere Bedeutung zukam.
„Wir hätten Ihnen die Taten nach Aktenlage mit Sicherheit auch in einem streitigen Verfahren nachweisen können“, meinte der Vorsitzende sinngemäß, „aber dann wäre eine Bewährungsstrafe bei weitem nicht erreichbar gewesen“. Ob das im Hinblick auf alle angeklagten Taten tatsächlich so gekommen wäre, vermag ich nicht zu bestätigen, da es in umfangreichen Verfahren bekanntlich eine Menge von Verteidigungsmöglichkeiten gibt. Der Vorsitzende mag aber recht gehabt haben, als er noch hinzufügte, dass er auch beim Nachweis von nur 2 Taten ohne weiteres eine nicht bewährungsfähige Strafe hätte verhängen können. Aus diesem Grund habe ich dem Mandanten ja auch zu der von mir angeregten Verständigung geraten. „Wenn ich Haftrichter gewesen wäre, hätte ich Sie mit Sicherheit in Untersuchungshaft genommen, nachdem Ihre Identität geklärt war“, meinte der Vorsitzende noch. Welch ein Glück für den Mandanten, dass er „nur“ Tatrichter geworden ist. In dieser Funktion hatte er heute jedenfalls einen entgegenkommenden Tag.
Die Bewährungszeit hat das Gericht allerdings bis zur gesetzlichen Höchstgrenze ausgereizt. 5 Jahre hat der Mandant jetzt Gelegenheit zu beweisen, dass er sich aus dem Dunstkreis der Zigarettenschmuggelei dauerhaft gelöst hat. Das sollte möglich sein, denke ich im Hinblick auf die schon 8 Jahre alte letzte Verurteilung. Mit der Bewährungsstrafe kann er allemal zufrieden sein.
Kategorie: Strafblog
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