Der bestohlene Dieb – Schwere räuberische Erpressung einer Beischlafdiebin?



Veröffentlicht am 5. April 2012 von

In einer hinzuverbundenen Anklage wird meinem Mandanten in einem vor dem Krefelder Landgericht anhängigen Verfahren eine schwere räuberische Erpressung zum Nachteil einer Beischlafdiebin vorgeworfen. Laut Anklage hatte der Mann die Italienerin nach einem Zechgelage mit zu sich nach Hause genommen, wo es zu sexuellen Handlungen kam. Am nächsten Morgen war die Frau verschwunden und hatte aus der Wohnung 3.500 Euro sowie eine Geldbörse entwendet. Dabei wusste sie nicht, dass das Geld aus einem Einbruchsdiebstahl  stammte, an dem er beteiligt gewesen sein soll. In der Folgezeit soll die Frau von meinem Mandanten verbal massiv unter Druck gesetzt worden sein, das Geld zurückzugeben.  Ihr Vater, dem sie sich anvertraute, händigte dem Mann schließlich 3500 Euro aus, um seine Tochter zu schützen. Die Staatsanwaltschaft hat das Verhalten meines Mandanten als schwere räuberische Erpressung angeklagt, weil er auf Rückzahlung des Geldes, welches aus einer Straftat stammte, keinen Anspruch gehabt habe und der Geschädigten daher ein Vermögensschaden entstanden sei. Die Anklage ist so zur Hauptverhandlung zugelassen worden.

Ich habe in der gestrigen Hauptverhandlung geltend gemacht, dass der Vorwurf einer räuberischen Erpressung nicht haltbar sei. Die Staatsanwaltschaft und auch die das Verfahren eröffnende Kammer hätten § 861 Abs. 1 BGB übersehen, wonach nicht nur das Eigentum, sondern auch der Besitz gegenüber demjenigen geschützt ist, der sich eine ihm nicht zustehende Sache durch verbotene Eigenmacht verschafft. Der Bundesgerichtshof hat in einer in NStZ 2009, 37 veröffentlichten Entscheidung judiziert, dass diese Vorschrift auch im Rahmen des Erpressungstatbestandes Wirkung entfaltet. Es stelle für den Dieb einer gestohlenen Sache keinen Vermögensschaden da, wenn diese Sache von dem deliktischen Vorbesitzer zurückgefordert wird. Insoweit kommt bei der Rückforderung allenfalls eine Nötigung in Betracht, wenn die Zweck-Mittel-Relation als verwerflich anzusehen ist.

Die Kammer und die Staatsanwaltschaft wollen die Sach- und Rechtslage jetzt noch einmal überdenken, wurde mir mitgeteilt. Das Verfahren wird fortgesetzt.


Kategorie: Strafblog
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