Der Hoeneß-Faktor im Steuerstrafrecht



Veröffentlicht am 2. Mai 2013 von

Als alter Mönchengladbacher war ich nie ein Fan der Münchener Bayern, zumal die uns schon in den 70ern immer die besten Spieler weggekauft haben. Aber wie die Bayern gestern den ruhmreichen FC Barcelona im Camp Nou abgefertigt haben, das war schon eine  riesige Leistung und hat mich  richtig begeistert. Chapeau!

Ich war auch nie ein wirklicher Fan von Uli Hoeneß, seit er  der Boss der Bayern ist, aber Hochachtung vor seinem Durchsetzungsvermögen und seinem geschäftlichen Instinkt habe ich immer gehabt. Und wie er sich seinerzeit für den Breno eingesetzt hat, als der nach dem Hausbrand in die Fänge der Justiz geriet, das hat mir imponiert, auch wenn´s vielleicht nicht immer ganz sachlich war, was der Uli da von sich gegeben hat.

Jetzt steht der Mann in seiner Steueraffäre selbst massiv unter Druck, und wer ihn gestern bei den  Kameraschwenks auf die Tribüne gesehen hat, wie er da mit angespanntem Gesicht und bisweilen regelrecht abwesend gesessen hat, der konnte schon Mitgefühl empfinden und sich einigermaßen ausmalen, wie sehr ihn das Alles mitnimmt und sein aktuelles Dasein dominiert. Da muss man gar nicht seine Bekenntnisse in der ZEIT gelesen haben, wo er versucht, den Bockmist zu erklären, den er gebaut hat und der ihn nicht nur nach seiner eigenen Wahrnehmung zumindest vorübergehend auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert hat.

Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass das Interview zur Verteidigungsstrategie eines massiv in die Defensive geratenen Beschuldigten gehört, der selbst nicht damit rechnet, in den Genuss der Segnungen einer strafbefreienden Selbstanzeige zu kommen und deshalb schon einmal Argumente für strafmildernde Umstände liefern will, die vielleicht trotz der erheblichen Steuerschuld von mehreren Millionen Euro und trotz der inzwischen recht gnadenlosen Strafzumessungserwägungen des Bundesgerichtshofs , wonach bei mehr als einer Million Euro Hinterziehungsbetrag eine Bewährungsstrafe auch bei vollständiger Schadenswiedergutmachung in aller Regel nicht mehr möglich sein soll, eine Strafaussetzung begründen können. Auf eine Art krankhafte Börsenzockerei  in zurückliegenden Jahren beruft sich der gute Uli, und da mag ja durchaus etwas dran sein. Dass Spielsucht und Fußball bisweilen eng beieinanderliegen, ist mir aus anderen Fällen, in denen ich selbst als Verteidiger tätig war bzw. immer noch bin, bekannt. Der frühere Sankt-Pauli-Profi René Schnitzler, den ich im Zusammenhang mit dem Fußballbestechungsskandal verteidige, kann ein Lied hierüber singen. Unter dem Titel „Zockerliga“ ist zu diesem Thema ein Buch erschienen.

Der Fall Hoeneß hat jedoch eine ganz andere Dimension. Es ist ja nicht gerade die Regel, dass ein einzelnes Steuerstrafverfahren gegen einen Mann, der immerhin kein Politiker ist, die hohe Politik beschäftigt, die Kanzlerin zu Äußerungen über ihre persönliche Enttäuschung veranlasst, den Bundespräsidenten zu wertenden Betrachtungen über Steuerhinterziehung („asozial“) verleitet und die Parteien und den Bundestag darüber debattieren lässt, ob die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige noch zeitgemäß ist. Aus der Schweiz hören wir gerade, dass dort immer noch die Möglichkeit eines Steuerabkommens mit der Bundesrepublik Deutschland unter veränderten Kautelen diskutiert wird und selbst die SPD will darüber unter gewissen Voraussetzungen noch einmal nachdenken.

Der gemeine Bürger reagiert unterschiedlich auf die Causa Hoeneß. Wie immer gibt es diejenigen, die eine nicht nur klammheimliche Freude daran haben, eine Ikone fallen zu sehen und dem Mann eine möglichst drakonische Strafe gönnen. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die nichts auf den Uli kommen lassen wollen, Fehler machen wir schließlich alle einmal, und letztlich ist er doch ein guter Kerl. Was sicher zutrifft, partiell zumindest, dass lässt sich kaum bestreiten. Und dann gibt es die, die zur Sachlichkeit aufrufen, erst einmal abwarten, was denn tatsächlich Sache ist, und dann eine tat- und schuldangemessene Lösung finden, ohne Pominentenbonus oder –malus.

Da heißt es dann, Vertrauen in die Münchener Justiz zu haben, die im Fall Breno von Hoeneß ziemlich attackiert worden ist und deren Repräsentanten sich andererseits wohl kaum davon werden freimachen können, eine wie auch immer geartete emotionale Einstellung zu den Münchener Bayern und ihrem Boss zu haben, die sie eigentlich ausblenden müssten, um einigermaßen objektiv entscheiden zu können. Das erinnert an das Problem der Quadratur des Kreises, könnte  man meinen.

Man darf gespannt sein, wie sich das Ganze entwickelt. Immerhin hat Hoeneß inzwischen  angedeutet, dass er sich aus der Clubführung zurückziehen könnte, falls seine Causa zu einer Belastung für den Verein wird. Darauf wird es wohl hinauslaufen, könnte ich mir denken, auch wenn Jupp Heynckes den gestrigen Sieg dem Uli gewidmet hat und Rummenigge und andere sich Bayern ohne Hoeneß gar nicht vorstellen können.

Shit happens….

 

 

 


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