Ein ziemlich kurzes Mandat



Veröffentlicht am 22. August 2014 von

Rainer Pohlen

Rainer Pohlen

Strafrechtliche Mandate ziehen sich bekanntlich oft über Jahre. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es um komplexe Wirtschaftsstrafsachen geht oder wenn ein Fall sich durch die Instanzen zieht. Heute habe ich ein Mandat innerhalb weniger Minuten, nachdem es mir bekannt geworden ist, abschließend beenden können. Das außerordentlich Tragische an dem Fall ist für mich, dass ich dem Mandanten den größten Teil des schon gezahlten Honorarvorschusses wieder erstatten musste.

Was war geschehen? Nun, der Mann, mit dem ich seit Jahren immer wieder mal zu tun hatte, war während meiner Urlaubsabwesenheit ins Büro geschneit und hatte darum gebeten, für ihn in einer waffenrechtlichen Angelegenheit Berufung einzulegen. Er war ein paar Tage zuvor ohne anwaltliche Vertretung wegen unerlaubten Besitzes einer Gaspistole zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt worden. Und weil der Mann weiß, dass anwaltliche Verteidigung Geld kostet, hatte er auch gleich einen brauchbaren Honorarvorschuss da gelassen.

Fristwahrend hatte die Kollegin Nagel dann auch Berufung eingelegt und die Akte angefordert. Dabei war klar, dass ich das Mandat fortführen sollte. Die Akte war gekommen und der Mandant erschien um 10 Uhr abredegemäß zur Besprechung. Die war dann ganz kurz.

„Ist Ihnen klar, dass Sie in der Verhandlung einen Rechtsmittelverzicht erklärt haben?“, habe ich nach einem kurzen Blick ins Sitzungsprotokoll gefragt. „Ich war ja froh, dass es nur eine Geldstrafe gegeben hat“, lautete die Antwort, „die Staatsanwältin hatte eine Bewährungsstrafe beantragt.“

„Und warum wollten Sie dann Berufung einlegen?“, habe ich gefragt. „Nun, meine Mutter hat mir gesagt, dass so eine Verurteilung immer nachteilig ist, und da die Gaspistole mir ja nicht gehörte, sondern von einem Verwandten bei mir ohne mein Wissen abgelegt worden war, solle ich jedenfalls Berufung einlegen.“ Die Mutter, die mit zur Besprechung erschienen war, nickte bestätigend. Von dem Rechtsmittelverzicht wusste sie allerdings nicht.

„Hätte die Berufung denn überhaupt Erfolgsaussichten gehabt?“, wollte der Mandant noch wissen. Ich habe ihm klar gemacht, dass es schnöde wäre, darüber noch zu diskutieren. „Vorbei ist vorbei, damit müssen Sie jetzt leben“, habe ich ihm gesagt und ihm noch den Rat gegeben, zukünftig vielleicht doch nicht ohne Anwalt in eine Verhandlung zu gehen.

Und dann habe ich (nicht allzu) schweren Herzens verfügt, dass ihm der gezahlte Vorschuss abzüglich einer eher symbolischen Grundgebühr zu erstatten sei.

Alles in allem ein ziemlich kurzes und auch nicht gerade lukratives Mandat. Aber vielleicht sieht man sich ja irgendwann wieder…

 

 


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