Strafbar oder nicht? Die Wegnahme von Zahngold aus der Asche der Verstorbenen im Krematorium



Veröffentlicht am 24. August 2014 von

Foto (5)Insgesamt 31,7 Kilo Zahngold soll ein inzwischen entlassener Mitarbeiter eines Hamburger Krematoriums im Laufe der Jahre aus der Asche Verstorbener entwendet und damit einen Reibach in Höhe von mehr als 250.000 Euro erwirtschaftet haben. Wie lto.de berichtet, hat sich jetzt das Bundesarbeitsgericht mit der Frage befasst, wer Eigentümer des Zahngoldes ist und wer sich dieses aneignen darf.

Herrenlos und damit eigentumsfrei sei das Zahngold, meinen die höchsten deutschen Arbeitsrichter, weil dieses bis zur Verbrennung zum Körper des Toten gehöre, an dem  niemand Eigentum haben könne. Allerdings bestehe  nach der Einlieferung einer Leiche ins Krematorium ein Verwahrungsverhältnis mit dem  Krematoriumbetreiber, und dieses setze sich nach der Einäscherung an den Verbrennungsrückständen bzw. an übrig gebliebenem Schmuck, Titanprothesen oder Zahngold fort. In erster Linie, so die Richter, hätten die Erben des Verstorbenen ein Aneignungsrecht an den Überbleibseln, in zweiter Linie der Krematoriumbetreiber. Das war in diesem Fall eine von der Stadt Hamburg unterhaltene Betreibergesellschaft.

Die Betreibergesellschaft hatte den früheren Mitarbeiter auf 250.000 Euro Schadensersatz verklagt. Das erstinstanzlich entscheidende Arbeitsgericht hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Krematoriumbetreiberin sei nicht Eigentümerin des Zahngoldes geworden und habe daher keinen Bereicherungs- oder sonstigen Zahlungsanspruch. Das Landesarbeitsgericht sah das anders und meinte, die Betreibergesellschaft habe jedenfalls ein Aneignungsrecht gehabt und der MItarbeiter, der im Interesse seiner Arbeitgeberin tätig sei und von dieser bezahlt werde, müsse das herausgeben, was er – abgesehen von seinem Lohn – durch die Tätigkeit erlange. Wenn das – wie im vorliegenden Fall – nicht mehr vorhanden sei, müsse Wertersatz geleistet werden.

Dem hat sich das Bundesarbeitsgericht im Revisionsverfahren angeschlossen. Es hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, weil geklärt werden müsse, ob die Ersatzansprüche der Stadt Hamburg selbst oder ihrer Betreibergesellschaft zustehe. Außerdem stehe die genaue Schadenhöhe noch nicht fest.

Strafrechtlich dürfte dem entlassenen Mitarbeiter wohl allenfalls eine Steuerhinterziehung zur Last zu legen sein. Diebstahl und Unterschlagung an herrenlosen Sachen sind nicht möglich, und für eine Untreue dürfte es wohl an der erforderlichen Vermögensbetreuungspflicht fehlen.

Bislang soll es nach dem Bericht angeblich so gewesen sein, dass die Krematorien laut Arbeitsanweisung die wertvollen Überbleibsel gesammelt und den Erlös zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder als Spende an soziale Einrichtungen eingesetzt hätten. Die Angehörigen oder Erben seien nicht unterrichtet worden, um ihnen nicht die schwierige Entscheidung zuzumuten, ob sie die Herausgabe verlangen oder mit einer anderweitigen Verwertung einverstanden sind. Das klingt ziemlich merkwürdig, finde ich. Frei nach dem Motto: Da ich nicht weiß, ob sie die Werte für sich beanspruchen würden, frage ich lieber nicht.

Immerhin will der Bundesverband der Bestattungsunternehmen jetzt für mehr Transparenz sorgen. Angehörige sollen zukünftig schriftlich erklären können, ob sie die Herausgabe verlangen oder ob die Metalle gespendet werden dürfen.

 


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