„Frauen sind die besseren Psychopathen…



Veröffentlicht am 17. Dezember 2013 von

Justitia

Justitia

… weil sie es unauffälliger machen!“

Nein, der Satz stammt nicht von mir und ich will ihn mir auch nicht grundsätzlich zu eigen machen, jeder Fall ist ja bekanntlich anders. Das Zitat entstammt der Aussage eines Psychotherapeuten, der heute als Zeuge in einem nicht enden wollenden Prozess vor dem Landgericht Mönchengladbach gehört wurde, in dem es um Stalkingvorwürfe, sexuelle Nötigung und anderes mehr zum Nachteil einer Kriminalhauptkommissarin geht.

Seit mehr als 6 Monaten läuft das Berufungsverfahren nun schon, ein Ende ist noch nicht abzusehen. Seit  rund 20 Monaten ist der Angeklagte, der erstinstanzlich zu knapp dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, nun schon in Haft, und das trotz immer extremer zu Tage getretener Widersprüche im Aussageverhalten der Hauptbelastungszeugin und einiger anderer Polizeizeugen, bei denen ich mich nicht des Eindrucks erwehren kann, dass Solidarität und freundschaftliche Verbundenheit schwerer wiegen als die Liebe zu Wahrheit. Aber das ist zunächst ja nur eine subjektive Wahrnehmung, von welcher die Kammer erst noch überzeugt werden muss.

Da gibt es von der Zeugin durch ihren Anwalt in Kopie vorgelegte tagebuchartige Aufzeichnungen, die auf ominöse Art in der Kanzlei des Nebenklagevertreters verschwunden sind, nachdem ich beantragt hatte, diese im Original beizuziehen, um sie auf Fälschungsmerkmale zu untersuchen. Da wird vorgetragen, die Aufzeichnungen seien nur einmal ausgedruckt und mit handschriftlichen Veränderungen versehen dem Nebenklagevertreter zur Verfügung gestellt worden, der sie auch nie zurückgegeben hätte. Gleichwohl wurden die Aufzeichnungen durch die Zeugin 10 Tage, nachdem sie diese –  urkundlich belegt  – dem Nebenklagevertreter überreicht haben will, in einer Gerichtsverhandlung aus der Handtasche gezaubert. Da hauen sich Polizeizeugen gegenseitig in die Pfanne, indem sie Kollegen der Lüge bezichtigen oder vortragen, sie seien von diesen regelrecht aus dem Dienst gemobbt bzw. in psychische Erkrankungen getrieben worden. Später gab es dann Strafanzeigen innerhalb der Polizei, weil Dienst- und Privatfahrzeuge mit einer Farbe beschmiert worden waren, die eigentlich nur bei der Polizei eingesetzt werden. In Verdacht habe sie die Kriminalhauptkommissarin, aber beweisen könne sie das nicht, hat eine Polizeizeugin bekundet.

Über einen anderen polizeilichen Belastungszeugen wurde von Kollegen berichtet, dass dieser laut  „Flurfunk“ ein Verhältnis mit der Hauptzeugin gehabt hätte, was beide entschieden bestritten haben. Klar, man sei sogar dreimal gemeinsam in Urlaub gefahren, aber rein freundschaftlich und in getrennten Zimmern.

Ein anderer Polizeizeuge, ebenfalls Belastungszeuge, weigerte sich in der Hauptverhandlung mit Hinweis darauf, dass das reine Privatsache sei, meine Fragen nach dem Beruf und dem Arbeitgeber seiner Ehefrau zu beantworten. Auch das Gericht sah den Sinn meiner Frage nicht ein und hielt diese zunächst für unzulässig. Erst als ich konkret nachfragte, ob die Ehefrau in der Kanzlei des Nebenklagevertreters arbeite, wurde die Frage zugelassen. Nein, die Ehefrau arbeite dort nicht, aber bei Einleitung des Verfahrens gegen meinen Mandanten, da habe sie dort gearbeitet. Allerdings nicht für den Nebenklagevertreter, sondern für einen seiner Kollegen, das sei der Vollständigkeit halber nachgeschoben.

Gegen ihren entschiedenen Willen habe sie ein ganzes Jahr lang wieder bei dem Angeklagten gewohnt, hat die Kommissarin behauptet, weil dieser ihr gedroht haben, ansonsten „an ihre (krebskranke) Schwester zu gehen“ (was immer das heißen mag). Dieses Jahr sei die Hölle gewesen, hat sie sinngemäß bekundet, sie habe widerwillig einen Pflichtenkatalog („Putzen, Kochen, Waschen, Ficken“) erfüllen müssen, was aber in deutlichen Kontrast zu zahlreichen von mir heute vorgelegten Liebes-sms steht, die sie im fraglichen Zeitraum an ihren Peiniger versandt hat.

Nie habe sie beabsichtigt, sich nach einer neuerlichen Trennung wieder auf den Angeklagten einzulassen, meinte die Zeugin in der Hauptverhandlung. Einen Therapeuten habe sie nur deshalb gemeinsam mit ihrem Ex-Partner aufgesucht, um Wege zu finden, außerhalb einer Beziehung mit diesem freundschaftlich klar zu kommen. Der Therapeut wiederum, der mit seiner Gesamtaussage sicher nicht in Verdacht geraten ist, zugunsten des Angeklagten Partei zu ergreifen, hatte dies ganz anders empfunden. Er habe den Eindruck gehabt, die Zeugin habe schon die Beziehung fortsetzen wollen, allerdings unter anderen Vorzeichen, hat er bekundet.

Etliche Zeitangaben, welche die Zeugin in den seinerzeit angeblich zeitnah aufgeschriebenen tagebuchähnlichen Aufzeichnungen gemacht hat,  haben sich inzwischen nicht nur nach meiner Überzeugung als unzutreffend herausgestellt, weil sie mit ihren Dienstzeiten laut Dienstplan kollidieren. Versuche der Zeugin, die Dienstpläne zu relativieren, weil diese nicht den tatsächlich geleisteten Dienst widergäben, sind augenscheinlich gescheitert, weil andere valide Angaben von Polizeizeugen sowie Dienststundenberechnungen entgegenstehen. Zu dem Thema soll aber noch ergänzend Beweis erhoben werden.

Und überhaupt: Wer schreibt denn in ein nach eigenen Angaben ursprünglich nur für sich selbst bestimmtes Tagebuch die vollständigen ladungsfähigen Adressen der eigenen Schwester und anderer Personen sowie Hinweise wie „Unterlagen können nachgereicht werden“ oder „der Familienname muss noch ermittelt werden“? Will die Zeugin die Unterlagen an sich selbst nachreichen? Das deutet doch sehr darauf hin, dass die Unterlage alles andere als authentisch ist und im Nachhinein zu dem Zweck erstellt wurde, Beweis gegen eine Person zu führen, der man Schlechtes will.

In der Akte findet sich der Vermerk eines Kriminalhauptkommissars, wonach eine Staatsanwältin geäußert haben soll, bestimmte Ermittlungserkenntnisse solle man nicht zur Akte nehmen, um der Verteidigung keine Argumentationshilfe zu leisten. Klingt wie ein Sechser im Lotto für die Verteidigung, aber der Mandant, der sicher nicht immer einfach ist, befindet sich nach wie vor in Haft.

Ein Fall, der zur Verurteilung gelangt ist, betrifft einen vorsätzlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Mit hohem Tempo und unter Gefährdung von Leib und Leben sei der Angeklagte mit seinem Geländewagen auf ein Polizeifahrzeug zugerast, welches die Straße blockierte, heißt es dazu im erstinstanzlichen Urteil. Zwei Zeuginnen, die ganz eindeutig im Lager der  Hauptkommissarin stehen, haben jetzt bekundet, dass der Angeklagte (wenn er es denn überhaupt war) gar keine Chance hatte, zu bremsen und rechtzeitig vor dem Polizeifahrzeug zum Stehen zu kommen, weil dieses die Straße erst blockiert hatte, als sich der Geländewagen schon in unmittelbarer Nähe befand. Er hätte nur die Chance gehabt zu versuchen, an dem Polizeifahrzeug mit Geschwindigkeit vorbeizukommen, sonst hätte es gescheppert, haben sie sinngemäß gesagt. Da fragt sich doch, wer das Hindernis bereitet  und vorsätzlich den Verkehr gefährdet hat, denkt der Strafjurist. Rechtfertigt es der Verdacht des Fahrens ohne Fahrerlaubnis oder des Stalkings, unter Gefährdung des eigenen und fremden Lebens und erheblicher Werte einem sich nähernden Fahrzeug in die Spur zu fahren und eine möglicherweise massive Kollision zu riskieren? Wie gesagt, der Fahrer hätte nach den Zeugenbekundungen gar nicht mehr erfolgreich bremsen können…

Erstinstanzlich hat das Verfahren zwanzig Tage in Anspruch genommen, ungewöhnlich viele Tage für ein Schöffengerichtsverfahren, in dem es in erster Linie um Stalking geht. Als ich die Verteidigung im Berufungsverfahren übernommen habe, war ich mir sicher, dass dieses sehr viel schneller vonstatten gehen würde. Weit gefehlt. Es geht ja um eine Kriminalhauptkommissarin als angeblich Geschädigte und um ein wirklich kontradiktorisches Verfahren, in dem die Staatsanwaltschaft nach meinem Eindruck nicht immer ihrer Rolle als „objektivste Behörde der Welt“ gerecht wird. Derzeit sind noch Termine bis in den Februar hinein geplant, Ende offen.

Ich habe für den kommenden Freitag einen weiteren Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls angekündigt, der aus meiner Sicht längst unverhältnismäßig geworden ist. Und dringenden Tatverdacht sehe ich im Hinblick auf die meisten – insbesondere auf die schwerwiegenden – Anklagepunkte nach dem bisherigen Verlauf der Beweisaufnahme auch nicht.  Im Gegenteil. Die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin und einiger ihrer Kollegen hängt für mich tief im Keller. Einen ersten Haftverschonungsbeschluss des Landgerichts hatte das OLG auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin kassiert. Ich denke, dass der Haftbefehl nicht nur unter Auflagen ausgesetzt, sondern aufgehoben werden muss. Alles andere wäre schwer erträglich.

Mal sehen was kommt …

Ach ja, der Psychotherapeut meint, dass Frauen manches unauffälliger machen. Vielleicht liegt´s ja daran, wenn´s wieder nicht klappt. Obwohl ich mir das nicht vorstellen mag, weil  inzwischen Vieles offensichtlich ist. Das kann man doch nicht ignorieren, denke ich….

Andererseits, wie heißt es doch: „Zwei Juristen, drei Meinungen….“

Aber es gibt doch auch noch die Logik und den normalen Menschenverstand … Aber wer definiert das?

Ach, manchmal (ver-)zweifele ich fast an der Justiz. Aber nur fast, dann besinne ich mich wieder auf meinen Kampfgeist. Auch wenn´s gegen Polizei und Staatsmacht geht, das gehört halt mit zum Verteidigergeschäft.

 

 


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