Achtung, die Auswahl eines Verteidigers kann gefährlich werden! Das jedenfalls ergibt sich aus einem Aktenvermerk der Kölner Kripo in einem Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betruges, das gestern vor dem Schöffengericht in Köln verhandelt wurde. Der Lebensgefährte meines Mandanten, der aus Mönchengladbach stammt, hatte dem Hauptangeklagten empfohlen, mich als Verteidiger zu beauftragen, was der dann auch getan hat. Dem Mann wurde vorgeworfen, als Mitarbeiter einer selbständigen Postfiliale auf Namen von Postkunden, die erfahrungsgemäß nicht zu Hause sind und deshalb keine Paketsendungen persönlich entgegennehmen, via Internet hochwertige EDV bestellt zu haben, die per Nachnahme geliefert werden sollte. Die nicht persönlich zustellbaren Päckchen und Pakete wurden dann in der Postfiliale zur Abholung hinterlegt. Mein Mandant soll diese dann aus dem System als retourniert ausgebucht und entwendet haben. Später soll er diese dann über ebay verkauft bzw. versteigert haben. Darüber hinaus soll er aus der Postfiliale auch Paketmarken und Briefmarken im Wert von mehreren tausend Euro entwendet und versteigert haben.
So weit, so schlecht. Die Beweislage gegen meinen bislang nicht vorbestraften Mandanten war erdrückend. Sein Lebensgefährte war mitangeklagt worden, weil ein Teil der Versteigerungen über seinen ebay-Account gelaufen war, über dessen Zugangsdaten mein Mandant allerdings verfügte und den er nachweislich auch für zahlreiche legale Geschäfte benutzt hatte. Als weitere Indizien hatte für seine Mittäterschaft hatte die Kripo angeführt, dass er die Postfiliale nach Angaben eines Zeugen mehrfach betreten und seinen Freund auch abends oft abgeholt hatte und dabei seinen Pkw am rückwärtigen Ausgang der Filiale abgestellt hatte. Dass dabei potenzielles Diebesgut rausgetragen oder gar im Fahrzeug verstaut worden ist, hat der Zeuge nicht behauptet. Na ja, und dann wohnten die beiden halt zusammen in einer Kölner Wohnung, wie Lebensgefährten das ja nicht selten tun. Eine ziemlich dünne Beweislage gegen den Lebensgefährten, sollte man meinen. Aber dann findet sich in der Akte als weiteres Indiz der Satz aus der Überschrift zum vorliegenden Beitrag: „Für die Mittäterschaft spricht auch die Bestellung des in Mönchengladbach ansässigen Rechtsanwalts Pohlen“.
Und deshalb saß der Lebensgefährte gestern mit auf der Anklagebank. Um es kurz zu machen, das Verfahren gegen den Lebensgefährten, der sich dann ( was ihn vielleicht noch mehr verdächtig machte?) auch noch von meiner Kanzleikollegin Viktoria Nagel vertreten ließ, wurde gemäß § 153 StPO eingestellt und die notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt. In der Sache kommt dies einem Freispruch gleich, der allerdings eine weitere Beweisaufnahme erfordert hätte. Das wohlwollende Gericht hat gegen meinen Mandanten eine Bewährungsstrafe von einem Jahr verhängt und hierbei neben dem Geständnis ganz besonders strafmildernd berücksichtigt, dass vollständige Schadenswiedergutmachung dargelegt ist. Ein Ergebnis, mit dem er bei einem Schaden von ca. 25.000 Euro und insgesamt 67 angeklagten Taten mehr als nur zufrieden sein kann. Immerhin liegt die Mindeststrafe pro Tat bei 6 Monaten.
Vielleicht war die Verteidigerwahl unter dem Strich ja doch nicht so schlecht ….
Kategorie: Strafblog
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