„God bless you, Herr Rechtsanwalt, you are my brother!“



Veröffentlicht am 7. November 2012 von

Mit der „political correctness“ in Blogbeiträgen ist das manchmal so eine Sache. Gestern habe ich mir die Kritik eines strafblog-Lesers zugezogen, weil ich 2 Prostituierte, die augenscheinlich den früheren Schatzmeister der brandenburgischen Grünen um rund eine halbe Million Euro abgezogen haben, die der wiederum aus der Parteikasse abgezweigt hatte, in der Überschrift als „Nutten“ bezeichnet habe. Ich hatte tatsächlich überlegt, ob ich dieses böse Wort verwenden soll, habe mich dann aber dafür entschieden, weil es ja weniger um die Berufsausübung der beiden Damen, sondern mehr um die ziemlich dreiste Abzocke ging. Da darf man auch schon mal „Nutten“ sagen, finde ich.

Jetzt laufe ich vielleicht schon wieder Gefahr, mich bei kritischen Zeitgenossen unbeliebt zu machen. Ich berichte nämlich über ein Gespräch mit einem Schwarzafrikaner, der mich aus der Untersuchungshaft heraus kontaktiert und um meinen Besuch gebeten hat. Als ich ihn in der Haftanstalt aufsuchte, kam der  mit einer altbekannten Leier, die mir aus etlichen Verfahren mit afrikanischen Mandanten bekannt ist. Ja, selbstverständlich wird er mich bezahlen, sobald er aus der Haft raus ist, dann kommt er an sein Geld, meint er in  englischer Sprache. Nein, da ist leider niemand, der vorab Zahlungen leisten kann, an sein Geld kommt sonst niemand ran.  Ich weise darauf hin, dass jedenfalls  bei Auslandsmandanten ohne deutschen Wohnsitz Vorkasse erforderlich ist, weil ansonsten die Gefahr bestehe, gar kein Honorar zu sehen. „Believe me, Mr. Lawyer, I´ll pay you. I´m honest, you know. And I´m innocent.“ Trotz der ziemlich eindeutigen Personenbeschreibung durch mehrere Zeugen und etlicher signifikanter Bekleidungsdetails besteht er auf einer Personenverwechslung. Wir Weißen können so einen schwarzen Mann ohnehin nicht von dem anderen unterscheiden, meint er (und hat damit ja auch nicht zwingend Unrecht, wenn man das ganz abstrakt betrachtet). Ich komme zurück auf das zu zahlende Honorar. Welche Möglichkeiten es denn gebe? Keine Möglichkeit derzeit, er muss zuerst auf freiem Fuß sein, dann ist es kein Problem. Ich weise darauf hin,  dass ich ja weiß, wo ich meinen Schuldner finde, so lange er in Haft ist. Nach der Freilassung könnte das schwierig werden. Der Mann verdreht die Augen. „God bless you, Herr Rechtsanwalt, you are my brother!“ „I´m not your brother, but I will be your lawyer, if you pay me“, gebe ich zurück. Und weise darauf hin, dass ich meinen Beruf nicht hobbymäßig ausübe, sondern damit mein täglich Brot verdiene. Ungerührt zieht der prospektive Mandant die Rassismuskarte. Wenn er weiß wäre, würde ich nicht mit ihm um´s Geld feilschen, meint er sinngemäß. „Please help me, I know, you are a good lawyer and a good guy“, fügt er hinzu. Ich verkneife mir die Frage, woher er das wissen will. Dafür betone ich, dass auch weiße, rote und grüne Mandanten Vorschuss zahlen müssen, wenn sie meine Leistung als Wahlverteidiger in Anspruch nehmen wollen.

Ich weise darauf hin, dass er sich einen Pflichtverteidiger beiordnen lassen kann, wenn er keinen Anwalt bezahlen kann oder will.  Nein, er will mich mich haben, meint er, er habe von Mitgefangenen gehört, dass ich ein guter Anwalt sei. Schließlich gibt er mir eine Telefonnummer von einem im Ausland lebenden Freund, den soll ich kontaktieren wegen der Zahlung. Vielleicht sei der bereit, ihm zu helfen. Nein, ganz gewiss sei er das. Obwohl, ich könne ihm doch auch einfach vertrauen, dass er mich nach der Haftentlassung schon bezahlen wird.

Den Freund habe ich nicht erreicht. Dafür hat sich ein Kollege bei mir gemeldet und mitgeteilt, dass er in dieser Sache mandatiert worden sei. Auch ein „good lawyer und good guy“, vermute ich.  Ich hatte mich eh noch nicht als Verteidiger bestellt und bin nicht wirklich traurig über den Mandatsverlust.


Kategorie: Strafblog
Permalink: „God bless you, Herr Rechtsanwalt, you are my brother!“
Schlagworte: