Konto in der Schweiz: Alice Schwarzer gesteht Steuerhinterziehung und beklagt Verletzung des Steuergeheimnisses



Veröffentlicht am 2. Februar 2014 von

 

Rainer Pohlen

Rainer Pohlen

Während das Steuerstrafverfahren gegen Uli Hoeneß unerbittlich auf den Count Down zuläuft – im März soll vor dem Münchner Landgericht verhandelt werden – hat jetzt die  Übermutter aller deutschen Frauenrechtlerinnen, Alice Schwarzer, eingeräumt, ebenfalls über viele Jahre ein Schwarzgeldkonto in der Schweiz gehabt und den Steuerbehörden verheimlicht zu haben. „Von ganzem Herzen“ bedauere sie dies, hat die kantige Alice auf ihrem Blog unter der Überschrift „In eigener Sache“ verlauten lassen und angegeben, dass sie nach einer im vergangenen Jahr erstatteten Selbstanzeige für 10 Jahre 200.000 Euro Steuern nachgezahlt habe, zuzüglich der Zinsen. „Nachlässig“ sei sie gewesen, schreibt die EMMA-Herausgeberin, aber sie habe ihren Fehler mit der Selbstanzeige wiedergutgemacht. Aber nachdem jetzt ein Informant aus der Schweiz den Casus gleich mehreren Redaktionen „gesteckt“ hätte, sehe sie sich zur Flucht nach vorne veranlasst.

Zwar hätten mehrere Medien aus rechtlichen und ethischen Bedenken von einer Veröffentlichung Abstand genommen, aber der SPIEGEL – böse, wie der nun mal ist – habe einer Veröffentlichung nicht widerstehen können und sich damit illegal verhalten. Rufschädigung sei das und von einem politischen Interesse gesteuert. Dabei erwähnt sie die derzeit von EMMA angezettelte Kampagne gegen Prostitution, aber auch die öffentlichen Kontroversen um den Fall Kachelmann, in dem sie selbst für BILD –  ausgerechnet BILD! – massiv medial auf Kachelmann eingeschlagen hat.

Von Rufmord an ihrer Personen spricht sie am Ende des Beitrages. Den könne man – anders als die Steuerhinterziehung – nicht wiedergutmachen, meint Alice Schwarzer. Mit ihrem Präzedenzfall werde die eh schon tiefe Latte in Sachen Persönlichkeitsschutz noch niedriger gehängt.

Ich gebe der streitbaren Alice einerseits Recht. Bei der Erstattung ihrer Selbstanzeige war sie offensichtlich besser beraten als der Bayern-Präsident und hat alles richtig gemacht. Deshalb hat es auch keine Anklage gegeben, sondern eine Verfahrenseinstellung nach Zahlung der Steuern nebst Zulagen. Damit war die Sache steuerrechtlich und steuerstrafrechtlich erledigt. Und weil es so etwas wie ein Steuergeheimnis gibt, durften die Strafverfolgungsbehörden auch nichts darüber veröffentlichen. Auch, wenn man das als gesetzlich geregelte Mauschelei ansehen wollte. Aber es ist nun mal gesetzlich geregelt. Basta.

Andererseits, die Informanten aus der Schweiz spielen ja nun schon seit Jahren eine reichlich seltsame Rolle in Steuerhinterziehungsangelegenheiten. Ich gehöre zu denen, die es trotz der entgegenstehenden Meinung des Bundesverfassungsgerichts anstößig finden, wenn der Fiskus von Straftätern Steuer-CDs für Millionenbeträge ankauft, um damit letztlich ein Geschäft zu machen, das sich lohnt. Ich kann diejenigen verstehen, die das Hehlerei nennen. Oder – unjuristisch gesprochen – Anstiftung zum Datenklau. Deshalb haben die Schweizer Strafverfolgungsbehörden ja auch schon Ermittlungsverfahren gegen deutsche Steuerfahnder eingeleitet. Und wenn jetzt eben ein Informant Informationen über eine Prominente an die Medien verteilt, die sich seit Jahrzehnten als moralische Instanz versteht und insbesondere auch als solche verkauft (selbst an BILD), dann hat das natürlich einen Nachrichtenwert. Da ist eine diffizile Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten und Unterrichtungsrecht der Öffentlichkeit gefragt. Wie wäre es zum Beispiel, wenn ein Politiker Finanzminister werden wollte, der sich gerade erst aus einem Steuerbetrug via Selbstanzeige herausgekauft hätte? Würde Alice Schwarzer darüber nicht berichten, wenn sie als EMMA-Herausgeberin davon erfahren hätte? Oder vielleicht im Falle eines bekannten Bordellbesitzers, der sich freigekauft hätte? Auch die Moral liegt häufig im Auge des Betrachters und wird von Interessenlagen geprägt.

Der SPIEGEL hat sich im Rahmen der dort sicher stattgefundenen Güter- und Risikoabwägung für eine Berichterstattung entschieden. Jetzt wird man sehen, ob Alice Schwarzer den Worten Taten folgen lässt und den SPIEGEL auf Unterlassung in Anspruch nimmt. Dann wird die Justiz entscheiden, ob´s erlaubt war oder nicht.

 


Kategorie: Strafblog
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