Leichtgläubige Richter, unkritische Polizei: Achtfacher Mörder soll unschuldig sein!



Veröffentlicht am 10. August 2012 von

Nachdem im März 1932 das Kind des legendären Atlantiküberfliegers Charles Lindbergh entführt und ermordet worden war, bekannten sich rund 200 Personen unabhängig von einander zu der Tat. Verurteilt und hingerichtet wurde schließlich der deutschstämmige Bruno Richard Hauptmann, der die Tat stets bestritten hat und an dessen Täterschaft bis heute Zweifel bestehen. Falsche Geständnisse können aus vielerlei Gründen und Motiven heraus erfolgen: Unertäglicher Vernehmungsdruck, Geltungssucht, gewollte Ablenkung vom wahren Täter, autosuggestiv oder fremdsuggestiv herbeigeführte tatsächliche Überzeugung von der Täterschaft, u.a.m.

spiegel-online berichtet aktuell über den Fall eines heute 62-jährigen Schweden, der zwischen 1994 und 2001 in sechs Verfahren für acht Morde verurteilt wurde, die er wahrscheinlich nicht begangen hat. Drei Schuldsprüche wurden bereits aufgehoben, 4 weitere Verfahren werden gerade neu aufgerollt. Als letztes soll jetzt auch die Wiederaufnahme eines Verfahrens zugelassen werden, in dem es um die Ermordung eines Israelis vor 24 Jahren geht. Dafür war der Mann 1997 verurteilt worden.

Es gelte als immer wahrscheinlicher, dass der Mann sämtliche Mordgeständnisse zusammenfantasiert hat und sowohl bei Polizei als auch bei Gericht auf leichtgläubige Zuhörer stieß, heißt es in dem Beitrag. Ursprünglich habe der damalige Beschuldigte sogar behauptet, dass er seit 1969 mehr als 30 Morde begangen habe. An stichhaltigen Beweisen habe es in allen Verfahren gefehlt, einmal sei auch keine Leiche gefunden worden.

Zu lebenslanger Verwahrung in einer psychiatrischen Anstalt war der Mann verurteilt worden, und weil er dort scheinbar erfolgreich psychotherapeutisch behandelt worden ist, hat er im Dezember 2008 alle Geständnisse zurückgezogen und nach und nach Wiederaufnahmeverfahren durchgesetzt.

Die Angehörigen von 2 Opfern haben in dieser Woche die Einstzung einer unabhängigen Untersuchungskommission zu dem Justizskandal verlangt.

Auch in Deutschland hat es auf Grundlage falscher (und möglicherweise auch von der Polizei „erpresster“) Geständnisse spektakuläre Fehlurteile gegeben. Ich erinnere an den Fall des Bauern Rupp, der nach den ursprünglichen Urteilsfeststellungen von seiner Familie getötet, zerstückelt und den Hunden zum Fraß vorgeworfen worden sein soll. Erst als seine Leiche lange nach der rechtskräftigen Verurteilung unzerstückelt in einem Pkw sitzend aus dem Wasser gezogen worden war, wurden die Ehefrau und die Kinder in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Über den Fall des Schauspielers Günther Kaufmann habe ich im strafblog bereits berichtet.

Einen sehr instruktiven und lesenswerten Beitrag der niederländischen Psychologen Jennifer Schell und Harald Merckelbach zumThema „Falsche Geständnisse: Warum unschuldige Menschen Verbrechen gestehen, die sie nicht begangen haben.“ findet man unter folgendem Link: http://de.in-mind.org/content/falsche-gest%C3%A4ndnisse-warum-unschuldige-menschen-verbrechen-gestehen-die-sie-nicht-begangen


Kategorie: Strafblog
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