„Machen Sie doch einfach einen Kuhhandel, Herr Anwalt“



Veröffentlicht am 1. Juni 2012 von

Milchrind, Foto: Ikiwaner

Ja, wenn der Umgang mit der Justiz und den Finanzbehörden doch so einfach wäre, wie sich das manch ein Mandant so vorstellt. Zum Beispiel Herr Carlucci. Der heißt natürlich anders, saß aber gestern Abend noch lange mit einigen Familienangehörigen in meinem Büro, um seine Steuerstrafsache zu besprechen. Und quasi sebstverständlich wurde dabei vorausgesetzt, dass ich mich als Verteidiger nicht nur um die strafrechtliche Seite der ihm zur Last gelegten Steuerhinterziehung kümmere, sondern dass ich gleich auch die Steuerschätzungsbescheide aus der Welt schaffe, da die ja irgendwie zur Strafsache dazu gehören. Mein Hinweis darauf, dass die Betriebsprüfung und die nachfolgenden Verhandlungen doch vom Steuerberater begleitet worden seien und dass ich insoweit gar nicht mandatiert sei, wurde mit der Bemerkung beiseite gewischt, dass man ja einen richtigen Rechtsanwalt eingeschaltet habe, damit der das abschließend regele. Mein weiterer Hinweis, dass es sich bei der Tätigkeit im Besteuerungsverfahren um eine andere anwaltliche Tätigkeit als im Strafverfahren handele, die auch zusätzliche Gebühren produziere, wurde mit empörtem Erstaunen quittiert. Und dass das Honorar in Anbetracht der Höhe der Steuernachforderungen – immerhin war rechtzeitig Rechtsbehelf eingelegt worden – nicht ganz niedrig ausfallen würde, trug auch nicht zur Begeisterung bei. Aber dann kam die rettende Idee: „Machen Sie doch einfach einen Kuhhandel, dann kann es ja nicht so viel kosten!“, schlug mein Mandant lächelnd vor. Wie er sich das vorstelle, erlaubte ich mir zu fragen. „Na ja, sagen Sie dem Finazamt einfach, wieviel wir bezahlen können, und dann sollen die sich damit zufrieden geben. Ist doch besser, als wenn ich Insolvenz anmelden müsste! Mein Steuerberater wollte auch einen Kuhhandel machen, aber das haben die abgelehnt. Darum sind wir ja zu Ihnen gekommen!“  Aha, dachte ich, so einfach ist das. Ganz zaghaft versuchte ich, meiner geschätzten Mandantschaft darzulegen, dass es bisweilen zwar die Möglichkeit einer tatsächlichen und rechtlichen Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen gebe, dass es dabei aber gewisse Kriterien gebe, die beachtet werden müssen. Und dass es in der Regel kein Argument für eine Steuerreduzierung sei, wenn man vortrage, dass man kein Geld habe, um die Steuern zu bezahlen. Das sorgte für lebhafte Diskussionen zwischen meinem Mandanten und seinen Angehörigen in ihrer mir unverständlichen Heimatsprache. Nur ein Wort, das mindestens 17 Mal wiederholt wurde, verstand ich genau, nämlich „Kuhhandel“. Und dann kam die Frage, wie teuer es denn würde, wenn ich mich um das Besteuerungsverfahren kümmere. Meine Antwort sorgte für erneute Diskussionen, mehrfach wiederholte man das Wort „Kuhhandel“. Dann bot man mir die Hälfte des Honorars für meine Dienste an.

Heute Abend schaue ich mir  – falls das dann überhaupt gesendet wird – „Bauer sucht Frau“ an. Vielleicht lerne ich da ja was über den Kuhhandel. Und meine Mandantschaft kann zwischenzeitlich überlegen, ob sie mein Honorar bezahlen will. Beide Hälften, ganz ohne Kuhhandel ….


Kategorie: Strafblog
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