Mallorcas frühere politische Elite wandert sukzessive in den Knast



Veröffentlicht am 29. Juni 2012 von

Wappen der Balearen

Korruptionsverfahren und kein Ende. Jetzt hat es den früheren Abgeordneten des Regionalparlaments der Balearen und ehemaligen Baudezernenten des Inselrates, Bartomeu Vicens, und seinen Parteifreund und vormaligen Generalsekretär der Regionalpartei Unió Mallorquina, Damiá Nicolau, erwischt. Wie die deutschsprachige Mallorcazeitung berichtet,  sah es ein Gericht in Palma als erwiesen an, dass Vicens 12.020 Euro aus öffentlichen Mitteln an den Buchhalter Tomás Martín für eine Studie gezahlt hatte, die sich als Plagiat erwies. Das Geld floss laut dem Urteil als Gegenleistung für die Fälschung von Rechnungen, die einem mutmaßlichen Steuerbetrug dienten. Nicolau sei sein Komplize gewesen. Deshalb verurteilte es die beiden zu Freiheitsstrafen von 4 1/2 Jahren bzw. von 2 Jahren und 3 Monaten.  Vicens, der inzwischen sein Ageordnetenmandat niedergelegt hat und aus seiner Partei ausgetreten ist, kündigte Berufung an. Gegen ihn wird in weiteren Fällen mutmaßlicher Korruption ermittelt.

Das aktuelle Urteil reiht sich in eine Vielzahl von Urteilen und Verfahren gegen führende Politiker und verantwortliche Verwaltungschefs und -mitarbeiter auf der größten Baleareninsel ein. Korruption hat auf Mallorca eine lange Tradition. Bis vor wenigen Jahren durften sich die Mächtigen noch einigermaßen sicher sein, dass ihnen nichts passieren wird. Eine willfährige und überlastete Justiz hat es lange gescheut, konsequent gegen die Selbstbedienungswirtschaft vorzugehen. Das hat sich jedoch geändert. Insbesondere Richter und Staatsanwälte, die vom Festland kommen und deshalb nicht durch ihre Familien in die traditionellen Machtstrukturen eingebunden sind, haben seit einiger Zeit damit begonnen, ohne persönliche oder politische Rücksichtnahmen zu ermitteln. So wurde im März 2012 der frühere konservative Ministerpräsident der Balearen, Jaume Matas, der eine Zeit lang auch Minister in der Zentralregierung in Madrid gewesen ist, zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Gegen ihn sind noch zahreiche weitere Verfahren anhängig. In einem dieser Verfahren hat die Staatsanwaltschaft ebenfalls 6 Jahre Freiheitsstrafe gefordert. Die frühere Präsidentin des Inselrates und Vorsitzende des Balearenparlaments, Maria Antonia Munar, muss sich seit Mai dieses Jahres vor einer Strafkammer in Palma wegen Korruption verantworten. Auch gegen die jahrelang als „Inselkönigin“ oder „Prinzessin“ bezeichnete Politikerin, die aus einer Traditionsfamilie aus Costitx stammt, hat die Staatsanwaltschaft eine langjährige Haftstrafe beantragt.

Der frühere Bürgermeister von Andratx, Hidalgo, ist schon im Jahr 2009 wegen Korruption im Zusammenhang mit Bauvorhaben zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt worden. Auch sein Bauamtsleiter und weitere Mitarbeiter der Behörde wurden angeklagt und verurteilt. Gegen Hidalgo sowie gegen etliche andere frühere Gemeindebürgermeister sind noch eine ganze Reihe von Verfahren offen. Immerhin wurde zuletzt der frühere Bürgermeister von Llucmajor, Lluc Thomás, in 2. Instanz vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung freigesprochen. Erstinstanzlich war er noch zu 3 Jahren und 8 Monaten sowie zu einer erheblichen Entschädigungszahlung  an die Gemeinde verurteilt worden.  Im selben Berufungsverfahren wurde eine gegen den früheren Stadtrat Rabasco verhängte Freiheitsstrafe von 6 Jahren auf 2 Jahre reduziert.

Auch gegen den Schwiegersohn von König Juan Carlos, den früheren Handballnationalspieler und Herzog von Mallorca, Iñaki Urgandarín, wird seit etlicher Zeit in einem umfangreichen Korruptionsverfahren ermittelt. Ich hatte darüber bereits im strafblog berichtet.

Die Sonneninsel Mallorca zeigt im Lichte der Justiz ihre Schattenseiten. Das wird noch eine ganz geraume Zeit so weitergehen, wie es ausschaut.


Kategorie: Strafblog
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