Freispruch und Einstellung: Die notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse – Ein paar Anmerkungen zur Urkundenfälschung



Veröffentlicht am 29. Juni 2012 von

Urkundenfälschung und Betrug in 14 Fällen wurden meinem Mandanten in einer gestern vor dem Kölner Amtsgericht stattgefundenen Hauptverhandlung zur Last gelegt. Ich hatte gleich nach Verlesung der beiden Anklagen ein Statement abgegeben und vorgetragen, dass schon nach Aktenlage und nach dem Inhalt der Anklageschriften eine Verurteilung kaum in Betracht kommen dürfte.

Soweit es um den Vorwurf der Urkundenfälschung ging, soll mein Mandant für eine GmbH ohne Wissen und Zustimmung der Geschäftsführerin beim zuständigen Zustellpostamt einen Postnachsendeauftrag gestellt haben, der dazu führte, dass ihm die Firmenpost unter einer anderen Anschrift zugestellt wurde. Den Nachsendeauftrag hatte er unter Vorlage seines Personalausweises mit eigenem Namen unterschrieben. Mein Mandant hatte sich dahingehend eingelassen, dass er den Nachsendeauftrag gestellt hatte, weil die Geschäftsführerin verschwunden war und der Postbriefkasten der GmbH überquoll. Als (vermeintlicher) Mitgesellschafter der GmbH habe er die Post an seine Adresse weiterleiten lassen wollen, damit er diese kontrollieren und Schaden von der Gesellschaft abwenden könne. Das habe ihm auch sein damaliger Anwalt geraten.

Es stellt sich zunächst die Rechtsfrage, ob eine Urkundenfälschung überhaupt dadurch verwirklicht werden kann, dass man eine Urkunde unter Offenlegung der Identität mit dem eigenen Namen unterschreibt. Nach ständiger Rechtsprechung kann dies jedenfalls dann der Fall sein, wenn der Täter mit eigenem Namen unter Vortäuschung einer nicht bestehenden Vertretungsbefugnis eine Erklärung für eine Firma oder eine Behörde unterzeichnet, für die er tätig ist (vgl. z.B. BGHSt. 7, 149(152); BGHSt. 9, 44;BGHSt. 17, 11, BGH StV 1993, 307). Als entscheidender Grund hierfür wird angeführt, dass die Person des Unterzeichnenden in solchen Fällen für den Rechtsverkehr weniger wichtig sei  als die dem Anschein nach dahinter stehende Firma oder Behörde. Das Vortäuschen der Vertretungsmacht müsse sich aus der Urkunde selbst oder aus den begleitenden Umständen ergeben.

Vorliegend war im Postnachsendeauftrag  als „Auftraggeber/Empfänger“ die GmbH vermerkt. Ohne Hinweis auf eine Vertretungsregelung folgte dann die Unterschrift des Mandanten. Dieser hatte nach eigenen Angaben bei Unterzeichnung des Nachsendeauftrages darauf hingewiesen, dass die Geschäftsführerin verschwunden sei und er als Mitgesellschaft den Nachsendeauftrag stelle. Zum Nachweis habe er auch den Gründungsvertrag der Gesellschaft vorgelegt. Bei dieser Sachlage sah sich schließlich auch das Amtsgericht zum Freispruch veranlasst.

Nicht ohne weiteres plausibel war für mich die Betrugsanklage. Der Anzeigeerstatter hatte in der Strafanzeige selbst darauf hingewiesen, dass er bei Ausführung verschiedener Warenbestellungen wusste, dass der Angeklagte damals dabei war, ein neues Geschäft aufzubauen und erst einmal zu Geld kommen müsste. Der Angeklagte habe ihm versichert, er werde die Rechnungsbeträge zahlen, sobald er über Geld verfüge. Später sei es zum Streit gekommen, der Angeklagte habe dann trotz wiederholter Versprechungen nicht gezahlt. Unabhängig davon, dass mein Mandant behauptete, er habe – allerdings quittungslos – an den damals mit ihm befreundeten Anzeigeerstatter Zahlungen geleistet, habe ich vorgetragen, dass man ihm doch nachweisen müsse, dass er bei Bestellung der Waren schon nicht die Absicht hatte, die Rechnungen zu zahlen, wenn er einmal zu Geld komme. Das sei aber eine innere Tatsache, die wohl kaum nachweisbar sein dürfte. Die Vorspiegelung einer nicht vorhandenen Zahlungsfähigkeit komme ersichtlich nicht in Betracht, da der Anzeigeerstatter ja nach seinem eigenen Vortrag wusste, dass mein Mandant aktuell nicht zahlen konnte und erst einmal zu Geld kommen musste. Von einem Eingehungsbetrug könne daher keine Rede sein.

Im Hinblick darauf, dass der Anzeigeerstatter nicht als Zeuge erschienen war und nach Aktenlage nach England verzogen ist, schlug die Richterin eine Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO vor. Ich habe mich nach Rücksprache mit dem Mandanten einverstanden erklärt. Die notwendigen Auslagen müssten allerdings der Staatskasse auferlegt werden. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hat der Verfahrenseinstellung nach einigem Zögern zugestimmt und die Auslagenentscheidung ins Ermessen des Gerichts gestellt. Das hat dann in unserem Sinne entschieden und der Mandant war froh darüber.

Manchmal wundert man sich als Verteidiger, dass gewisse Anklagen überhaupt erhoben werden.


Kategorie: Strafblog
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