Für mich ist McAfee schon lange verschwunden – von meinem Computer, der mit Kaspersky bestückt ist. Nun scheint der heute 67-jährige Gründer der Firma für Sicherheitssoftware und Virenschutz, John McAfee, aber tatsächlich auch als Person verschwunden zu sein, auf der Flucht vor der Polizei in Belize, die ihn wegen des vermuteten Mordes an seinem Nachbarn sucht.
McAfee hatte sich auf der Insel Insel Ambergris Caye an der Nordküste Belizes niedergelassen, nachdem er sich nach dem Börsengang seines Unternehmens 1999 lukrativ von seiner Firma verabschiedet hatte, um dort den Rest seines Lebens in Saus und Braus zu verbringen, was ja an sich keine schlechte Idee ist. Spiegel-online will aus seinem bestimmt geheimen Tagebuch erfahren haben, dass er dort ein paradiesisches Leben, umgeben von jungen Frauen, geführt habe. Wie der Spiegel an die Information aus dem Tagebuch kam, bleibt indessen spekulativ. Vielleicht war eine der „jungen Frauen“ eine Spiegelredakteurin, die in seinem stattlichen Haus im ehemaligen British Honduras einst einen aufregenden Liebesurlaub verbracht hatte und bei der Gelegenheit zufällig das Tagebuch in der obersten Nachttischschublade – versteckt zwischen den tigergemusterten String Tangas des auf seinem aufgewühlten Bett erschöpft eingeschlafenen Hausherren – entdeckte. Experten behaupten, Frauen schliefen nach dem Sex schlechter ein, und so könnte sie ihrem journalistischen Drang gefolgt sein, der sie zum Aufstehen brachte, ihren Fingern befahl, die Kommode zu durchsuchen und das Entdeckte schnell durchzublättern, um die Botschaft aus den ledergebundenen Buchdeckeln zu befreien und in die neidische Welt zu bringen? Wie dem auch sei.
So gut die Idee mit den jungen Frauen und dem Ausstieg aus der Geschäftswelt gewesen sein mag, so schlecht war die Idee, den ebenfalls aus den USA stammenden Nachbarn, auch wenn dieser vielleicht ein Arsch gewesen war, in dessen Haus mit einer 9 mm – Pistole in den Hinterkopf zu schießen oder bei seiner nunmehr behaupteten Unschuld, die Flucht vor der Polizei anzutreten. Denn Flucht erzeugt ja bekanntermaßen Verdacht, oder verstärkt ihn zumindest, was McAfee hätte klar sein müssen. Wie spiegel-online weiter berichtet, waren an dem besagten Nachbarhaus keine Einbruchsspuren festgestellt worden, aber ein iPhone und ein Computer gelten als gestohlen. Und obwohl die entwendeten Gegenstände kaum in das Beuteschema des Millionärs McAfee passen und damit als Motiv ausscheiden dürften, hatte es zuvor, wegen McAfees angeblich merkwürdigen Verhalten – es ging um Waffen und Hunde, soweit wir wissen – Streit mit eben jenem nun toten Nachbarn gegeben. Zwei Tage nach diesem Streit soll McAfee seine 4 Hunde vergiftet und tot vorgefunden haben, was zumindest für Hundeliebhaber ein geeignetes Motiv auf Rache darstellen könnte. Und dass McAfee nicht nur ein Liebhaber junger Frauen, sondern auch von Hunden war, liegt nahe. Denn warum hätte er sich gleich vier davon halten sollen, wenn es anders wäre.
Und dennoch: Ohne seine anschließende Flucht wäre möglicherweise auch die Nachbarin von schräg gegenüber oder ein noch unbekannter Eindringling, der es auf ein i-Phone und einen Computer abgesehen hatte, ins Fadenkreuz der Polizei gekommen. Vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse schloss sich mit der Flucht für die Polizei, die ihn angeblich nur zu dem tragischen Todesfall hatte befragen wollen, die Indizienkette: Streit, vergiftete Hunde, Hundeliebhaber, erschossener Nachbar, Flucht.
Das Verlassen des Paradieses führt bekanntlich zu biblischen Unannehmlichkeiten. McAfee aber wird seine Gründe dafür gehabt haben, in den sauren Apfel zu beißen und unterzutauchen. Nach seinen Angaben liegen diese aber nicht darin, durch seine Flucht etwa Schuld einzugestehen. Er trägt vielmehr vor, er sei aus berechtigter Angst vor der Benizschen Staatsgewalt geflohen, die u.a. sauer darüber gewesen sei, dass er offizielle Regierungsstellen nicht mehr mit Millionenbeträgen unterstützt, sondern seine Spenden privaten Hilfsprojekten habe zukommen lassen. Auch habe er den Premierminister des Landes, Dean Barrow, einen Lügner genannt. Die Befragung seitens der korrupten Polizei wegen des vermeintlichen Mordes, sei nur ein Vorwand gewesen, ihn so oder so zu beseitigen.
Seit seiner Flucht vor 3 Wochen treibt McAfee nun mit den Behörden ein bizarres Possenspiel und kreiert dabei von ihm selbst in seinem Blog – whoismcafee.com – kommentierte Finten, die von Erfindungsgabe zeugen und sicherlich demnächst zu einer Hollywood-Verfilmung führen werden. So teilte er zunächst mit, er habe der Polizei ein Double zur fälschlichen Festnahme präsentiert, um selbst sicher das Land verlassen zu können. In Interviewbeiträgen für CNN und CNBC beschrieb er die politische Lage in Belize und äußerte die Hoffnung, seine mediale Inszenierung werde den Menschen in Belize die Angst vor der staatlichen Willkür nehmen. Seit 5 Tagen begleiten zwei Reporter des Vice-Magazins ihn und seine 20-jährige Freundin Sam auf Schritt und Tritt, um über sein weiteres Vorgehen zeitnah zu berichten. McAfee soll sich mittlerweile in Guatemala-City aufhalten, wo er politisches Asyl beantragen will. Der in Guatemala bekannte Anwalt Telésforo Guerra, der nebenbei der Onkel von Sam ist, soll ihn verteidigen, denn einen guten Anwalt dürfte McAfee mittlerweile dringend benötigen. Ob die angekündigte Hochzeit mit der jungen Frau, im späteren Hollywood-Schinken als Happy End eingebaut wird, bleibt abzuwarten, denn schließlich kann man auch als Regisseur und Drehbuchautor übertreiben. Für nächsten Mittwoch hat McAfee eine Pressekonferenz angekündigt, die sicherlich auf weiteres großes Medieninteresse stoßen wird. Wie es mit McAfee weiterging, sehen sie hier: http://pohlen-meister.de/?p=4307&preview=true
Rechtsanwalt Gerd Meister, Mönchengladbach
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