Quiz- Lösung, 7.2.15, Essay



Veröffentlicht am 8. Februar 2015 von

Nochmals die Aufgabe:

Essays sind stilistisch geschliffene, geistreiche Abhandlungen in einem meist kürzeren Prosatext, in dem der Autor wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Phänomene ohne klassischen Formzwang pointiert und oft ironisch untersucht. Im französischen Essay steht dabei die Persönlichkeit des Verfassers im Vordergrund, während es im englischen Essay mehr um die wissenschaftlich kritische Behandlung eines Gegenstandes geht.

1. Wer gilt als Begründer der Gattung Essays?

a) Michel de Montaigne

b) Francis Bacon

c) André Gide

2. Wer verfasste den berühmten Essay „Der Aufstand der Massen“?

a) José Ortega y Gasset

b) Paul Valéry

c) Walter Benjamin

 

Lösung

1. Der französische Philosoph und Schriftsteller Michel de Montaigne (1533 – 1592) begründete mit seinen „Essais“ die gleichnamige Gattung. Thema der Essays ist seine gründliche Selbstanalyse und die Betrachtung lebensphilosophischer, moralische Fragen, die er in einem fiktiven Dialog mit Autoren der Antike entwickelt. Seine Essays sind durch eine Skepsis gegenüber Dogmen und einer stoischen Geringschätzung von Äußerlichkeiten sowie der Ablehnung menschlicher Überheblichkeit gegenüber anderen Lebewesen gekennzeichnet. Montaigne zweifelte an der menschlichen Erkenntnisfähigkeit. Wegen der Unzuverlässigkeit der menschlichen Sinne, könne der Mensch die Wahrheit nicht mit Gewissheit erkennen. Über das Wesen der Dinge, ließen sich daher keine eindeutigen Aussagen treffen.

– Der englische Staatsmann und Schriftsteller Francis Bacon (1561-1626) gilt als Begründer des Empirismus. Neben Descartes ist er damit auch Begründer der modernen Wissenschaftsmethodik. Der Spruch „Wissen ist Macht“ wird auf ihn zurückgeführt. Nach Bacon dient der Fortschritt als Ziel der Wissenschaft der Naturbeherrschung durch den Menschen. In seinen Essays aus dem Jahr 1597 nimmt er die Forderung der Aufklärung vorweg, indem er die Wissenschaft in den Dienst der praktischen Nutzbarkeit stellt. Mit diesen Essays schuf er die englische Tradition dieser Gattung.

– Als französischer Literaturkritiker erlangte André Gide zweifelhafte Berühmtheit, als er den ersten Band von Marcel Prousts großen Roman – „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ – verriss und Proust als Snob und Amateurliteraten einstufte. Jahre später musste Gide einräumen, dass er bei der Ablehnung von Prousts Werk falsch beraten gewesen sei. Er bot an, alle künftigen Werke von Proust zu veröffentlichen. Nachdem Proust im November 1922 gestorben war, begann Gide seinen ebenfalls großen, 1925 erschienenen, Roman „Die Falschmünzer“, für den er 1947 den Literaturnobelpreis erhielt. Dieser Roman verfügt über eindeutige Ähnlichkeiten zu Prousts Hauptwerk. Der Roman verfügt über einen komplizierten Plot, bei dem Gide im Roman ein Tagebuch führt, in welchem er seine Gedanken über künstlerische Gestaltung festhält. Dieses Tagebuch enthält bis heute den vermutlich vollständigsten Bericht über das Werden eines literarischen Werkes. Was die damaligen Leser schockierte, war Gides Urteil über das Leben der französischen Mittelschicht, dass er – vor einer schicklichen Fassade – als durchdrungen von Betrug und Homosexualität darstellte. Die Charaktere des Romans sind sich über ihre eigenen Handlungen und die Handlungen anderer kaum bewusst. Sie wissen nicht, wann sie selbst aufrichtig sind und wann sie etwas vortäuschen. Gides Lebenswerk galt der kritischen Auseinandersetzung mit der persönlichkeitsverfälschenden kirchlichen Moral und den gesellschaftlichen Institutionen. Während des 2. Weltkrieges engagierte er sich zunächst für die französische kommunistische Partei. Nach einer mehrmonatigen Reise durch die UdSSR und einem Blick hinter die Kulissen der kommunistischen Diktatur distanzierte er sich endgültig vom Kommunismus.

 

2. Der dem Existenzialismus nahestehende Professor für Metaphysik an der Universität von Madrid und Essayist José Ortega y Gasset (1883 – 1955) verfasste 1929 den Essay „Der Aufstand der Massen“. Für ihn ist der aufgeklärte Forscher mit seinem Mangel an geschichtlichem Bewusstsein der Prototyp des modernen Massenmenschen, den Ortega y Gasset von einem elitären Standpunkt aus für gefährlich hält. Dabei wird der hombre-masa psychologisch bestimmt. Er ist ein Mensch, der sich wohlfühlt, wenn er wie alle anderen ist. Demokratie könne hingegen nur entstehen, wenn eine adlige Elite an die Macht gewählt würde. So aber entwickele sich eine Art von Überdemokratie, in welcher der mittelmäßig begabte Durchschnittsmensch, den Platz der Eliten zu besetzen sucht. Da dieser Durchschnittsmensch jeden verachte, der nicht sei wie er, fördere er eine Gesellschaft der Mittelmäßigkeit, die das historische Niveau senke. Hieran sei insbesondere auch die Naturwissenschaft schuld, die aus gelehrten Ignoranten bestehe, die in reinen Wissenschaftsübungen auf ein stets enger werdendes geistiges Betätigungsfeld festgelegt seien. Der Aufstand der Massen führt nach Ansicht Ortega y Gassets zu einer sittlichen Entartung der Menschheit. Ortega y Gasset war gewissermaßen ein kultureller Sozialdarwinist. In seinem Essay „The Dehumanisation of Art“ erklärte er die Funktion der modernen Kunst damit, dass sie die Öffentlichkeit in zwei Klassen teile. In diejenigen, die sie verstehen und in diejenigen, die sie nicht verstehen.

Walter Benjamin (1892 – 1940) war der Sohn eines jüdischen Antiquitäten- und Kunstauktionators. In seinen Werken kritisierte in die bürgerliche Gesellschaft und deren Ästhetik. Er gilt als radikaler Intellektueller, der seinen bescheidenen Lebensunterhalt als Historiker, Philosoph, Kunst- und Literaturkritiker und Journalist verdiente. Sich selbst bezeichnete er als „Kulturzionisten“. Benjamin arbeitete auch an der Übersetzung von Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ mit. 1933 ging er ins Exil nach Paris, wo er von Hannah Arendt auch finanziell unterstützt wurde. Von dem nach New York emigrierten Max Horkheimer, der dort das Institut für Sozialforschung weiterführte, erhielt er ein bescheidenes Mitarbeitergehalt. Er war u.a. mit Hugo von Hofmannsthal, Berthold Brecht und den Gründern der Frankfurter Schule befreundet. In seinem „Wahlverwandtschaften- Essay und in dem Essay „Ursprung des deutschen Trauerspiels“ vergleicht er traditionelle und neue Kunstformen, womit er u.a. die Ideen von Raymond Williams , Andy Warhol und John Cage vorwegnahm. In seinem 1936 im Pariser Exil verfassten und in der neu gegründeten Zeitschrift für Sozialforschung erschienen Essay „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ entwickelte er die Theorie der nicht „auratischen“ Kunst. Traditionelle Kunstwerke fänden ihren Ursprung im Religiösen und auch die säkularen Werke trügen eine Aura des Göttlichen in sich. Entsprechend den Aussagen von Hofmannsthal, Rilke und Ortega y Gasset impliziere dies einen wesentlichen Unterschied zwischen Künstler und Nichtkünstler, zwischen Intelligenz und Proletariat. Im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit aber werde mit dieser Tradition gebrochen. Die Distanz zwischen Künstler und Nichtkünstler (Publikum) verringere sich. Damit werde der Unterschied zwischen den Klassen eingeebnet. „Der Lesende ist jederzeit bereit ein Schreibender zu werden“. Eine begrüßenswerte gesellschaftliche Revolution ohne Gewaltanwendung sei möglich geworden.

– Der französische Schriftsteller Paul Valéry, ein Vertreter des sog. Symbolismus, beschäftigte sich in seinen Werken mit dem dichterischen Schaffungsprozess und dem menschlichen Bewusstsein. Mit seinen zahlreichen Essays zu literaturtheoretischen, kulturellen und geschichtlichen Themen gehört er zu einem der wichtigsten französischen Philosophen des 20. Jahrhunderts.


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