Jeder Jurist kennt in Zusammenhang mit der Notwehrfrage aus dem Studium noch das Beispiel des Rollstuhlfahrers, der den 12-Jährigen beim Obstklau aus dem Kirschbaum schießt. Unlängst hat sich der Bundesgerichtshof mal wieder mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen die Notwehr gegen einen eher harmlosen Angriff gerechtfertigt ist. Mit Beschluss vom 02.12.2011 – 5 StR 416/11 -, abgedruckt in NStZ-RR 2012, 71, hat der 5. Strafsenat entschieden, dass es jedenfalls nicht mehr von einem Notwehrrecht gedeckt ist, wenn sich ein Mann im Rahmen einer sich anbahnenden Rangelei unter jungen Leuten gegen ein Beinstellen und ein „Wischen“ über die Kopfbedeckung durch das körperlich unterlegene Opfer dadurch zur Wehr setzt, dass er diesem mit einem bewusst verborgen gehaltenen und bereits geöffneten Butterflymesser einen Stich gegen die Stirn versetzt. Erst recht habe der Täter dem Opfer danach keinen „schonungslos ausgeführten“ tödlichen Stich versetzen dürfen, nachdem dieses unter Heben der Arme zurückgewichen war, selbst wenn dieses dabei die Fäuste geballt hätte und dies nicht mehr als bloßes Verteidigungsverhalten anzusehen gewesen wäre. Angesichts der „Kampflage“ und unter Berücksichtigung des eigenen Vorverhaltens hätte sich der Täter zurückhalten müssen, zumal ihm selbst keine auch nur annähernd gleichwertige Gefährdung drohte.
Kategorie: Strafblog
Permalink: Rechtfertigende Notwehr? Zur Erforderlichkeit der Verteidigung gegen einen harmlosen Angriff
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