Wenn es um den Umgang zwischen Jugendlichen und Polizisten geht, fällt meistens das Wort „Respekt“.
Was aber versteht ein Polizist darunter, was ein Jugendlicher? In der Masterarbeit „Jugend und Polizei – Eine qualitative Studie zu ihrem Interaktionsverhalten“ von Wolfgang Koller von der Uni Graz aus dem Juni 2010 finden sich dazu einige Interviews von Polizisten und Jugendlichen, die ganz amüsant sind – finde ich:
Interview mit einem erfahrenen Polizeibeamten:
„I: Mhm (.) Wie definiern Sie für sich Respekt? (.) Wei´s gsogt hom
P: (.) Respekt? Respekt is (.) ah, definier ich so, dass (.) ich einfach mit dem aundan so
umgeh, wie ich will, dass er mit mir umgeht (.)
I: Mhm
P: (…) Oda wie man in den Wald hineinruft, so hallt es zurück
I: Mhm (lacht)
P: (lacht auch kurz) Jo, es is (wieder ernst) Des brauch i net so, oba, wo wos viele vielleicht
meinen, so eine Untawürfigkeit, des is, keinster Weise erforderlich oda erwünscht
I: Mhm
P: Afoch, dass ma sich gaunz normal (.) benimmt
I: Mhm
P: (..) im Umgaung mit den Mitmenschn.“
Interview mit einem Jugendlichen:
„I: (..) Ah, wei´st gsogt host, sovü Respekt, (.) Wos is Respekt für di?
J: Jo, i waß net, per Sie, normal redn (.), kane Schimpfwörter, net frech sein. (.) Afoch zagn,
dass er da Ötare is. (.) Da Weisere.
I: Wos is respektvoll für di?
J: Keine Ahnung (..) Wie sui i des respektvoll (.) Ma merkts afoch wenn ana a bissl an
Respekt gegenüber zeigt.
I: Mhm
J: Net so, so wie der eine, wos zu mir Kapuzntaucher gsogt hot und mir lauter suiche bledn
Wörter aunghert hob (.) do, dann, (.) do braucht a sicha net erwortn, dass i zu iahm sog, ja, Sie
sind der nette Herr Polizist (.) do kummt hoit amoi a gschissana Spruch, jo mei (.) i bin da (.)
waß net, da (.) Doktor Sigfrid Nagl und (.) beherrsch die gaunze Wöt oda irgend so an
Schwochsinn.
I: Mhm
J: Dann (.) blede Goschn her, blede Goschn zruck (.) söwa schuld (.) des lossn si net vüle
gfoin.“
Ein anderer Jugendlicher:
„J: Es einfach, ja (.) I weiß net, wie i sagn soll (.) es is eh, es is eigentlich wurscht, i mein, es
sind nicht alle Kiwara so, aber (.) die MEISTN sind so, dass (.) EGAL wie RESPEKTVOLL
du zu ihnen bist, für sie bist so a Sch DRECK, des is (.) und so redn sie a (auch) mit dir
I: Mhm
J: und sie lassn di des spürn, dass sie dann die Macht hobn und du host dann goar nix zum
sogn.
I: Aha (..) Wos haßt für di respektvoll?
J: Ja, i mein, i hab gmerkt, weil i hab genug Freunde, die überhaupt nicht respektvoll mit der
Polizei, weil, weil sie komplett drauf scheißn
I: Aha
J: und also (.) genau die Meinung ins Gsicht sagn (verstellt die Stimme, tiefer und lauter) JO, i
hob goar nix taun und datatatata (wieder mit normaler Stimmlage und -lautstärke) (.) und ich,
a lauter werdn, Polizistn ANSCHREIN, keine Ahnung, i weiß genau, dass si des (.) genau
Null bringt, aber (.) Respektvoll heißt für mi, dass ma (.) in am (.) TON mitanander redet,
und, als wär ma GLEICH, einfach nur.
I: Mhm
J: Also so (.) net so herablassend (.) die ganzen Zeit und net so (.) KOMPLETT ernst, als hätt
ma grad wen umbracht (.) und wär ma grad auf frischer Tat ertappt wordn, wie ma (.)
irgendwen (.) UMBRINGT.
I: Aha
J: Und (.) als Fünfzehnjährige is es dann schon (.) a bissl (.) VERSCHRECKEND, i man, i
hab da (.) mir schon in die Hosn gschissn, des woar wirklich schiach, ja.
I: Des woar as erste Mol, host gsogt, dass´d Kontakt ghobt host mit da Polizei?
J: Ja.“
Ein weiterer Jugendlicher:
„J: Oder, (.) meistns is es so, so dass sie si umdrahn und gehn. (..) Sand die Cooln in da
Uniform. (.) Privat sand´s eh olle vui gay (engl.: schwul). (.) Hechstns se sand zivil
unterwegs. (.) Dann kumman sie sich olle vui stoark vor. (..)
I: Wieso?
J: Waß jo net, wei sie a Uniform aunhobn wahrscheinlich. (..)
I: Warum glaubst des?
J: Wei´s so is, wei wenn´s kane aun hobn, sand´s net so. I (.) hob a (.) BUFFN (Waffe), hob
an (.) AUSWEIS und du bist nix, oder so.“
Ein vierter Jugendlicher:
„I: (schmunzelt auch) Jo (..) Ah (wieder ernst), wenn i sog, Polizei, Dein Freund und Helfer
J: dann sog i Bullshit. (lacht kurz) Des is a, dein Freund und Helfer, (.) Na. (.) Also FREUND
auf gar keinen Fall, Helfer vielleicht, aber nur wenn du, i mein, is kloar, wenn du das Opfer
bist, aber (.) ähm (.) i man (..) Opfer is bei denen so a Wort, i mein, außer du bist wirklich
komplett frei von irgendwelchen SCHULDN, du hast wirklich NIE irgendwas tan, und bist
wirklich komplett, du liegst am Bodn und blutest und bist komplett zammengschlagn, aber
ohne irgendan Grund, (.) DANN bist du erst Opfer für sie.
I: Aha
J: Weil, wenn du auch nur irgendwas angstellt hast oder so, dann glaubn sie gleich, dass du
jetzt auch mit der Sache was zu tun hast und (.) gleich mit DER Sache was zu tun hast und das
KANN ja net sein, dass du diesmal des Opfer warst und keine Ahnung was. Und DES (.) is
für mi (.) ka (kein) Freund und ka Helfer. Na, und a Freind redet net so mit mir, als wär i a
kleines Stück DRECK, das da (.) nur (.) LUFT verbraucht und Platz verbraucht, und so gebn,
(.) des gebn´s da, so a Gfühl, komplett. Also na, Freund und Helfer auf gar kein Fall.
I: Sondern?
J: (seufzt) FEIND (.) würd i net sogn, des geht scho a bissl zu weit, aber (.) lästig sand´s a
bissl.“
Hierzu eine Polizistin:
„P: (.) Dass da Tonfoll afoch a schärferer wird (.) und lauter.
I: Mhm
P: (..) Oder dass´d as afoch vor vollendete Tatsachn stöst. (.) Es is afoch so.
I: Mhm (..) mhm (.) Und des funktioniert dann?
P: Des funktioniert. (.) Net immer, aber häufig.
I: Wos haßt für di, es funktioniert dann?
P: (.) Ahm (…) Dass da die (.) Jugendlichn dann quasi net mehr auf da Nosn umadumtaunzn.“
In seinem Fazit schreibt Koller:
„Man sieht also sehr schnell, dass beide Gruppen vom Gleichen sprechen, dasselbe meinen und dennoch meistens nicht das herauskommt, was sich eigentlich jeder bzw. jede von dem bzw. von der anderen erwartet. Denn die Erwartung, wie schon gesagt, wäre ja grundsätzlich die, dass man normal miteinander umgeht und redet. Stattdessen aber nimmt die gegenseitig wahrgenommene Respektlosigkeit unterschiedliche Ausprägungen an ……….“
Wi woahr, wie woahr!
Kategorie: Strafblog
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