Nicht nur im Fall Edathy wird der Ruf nach dem Gesetzgeber laut, wenn ein von Vielen als strafwürdig empfundenes Verhalten de lege lata straflos ist. Bei uns dauert es allerdings eine ganze Weile, bis ein Gesetzentwurf formuliert und beraten ist und alle Abstimmungsinstanzen durchlaufen hat, so dass er schließlich als Gesetz in Kraft treten kann. Anders in den USA: Im US-Bundesstaat Massachusetts ist jetzt innerhalb von sage und schreibe 2 Tagen, nachdem der Oberste Gerichtshof einen Mann in einer schlüpfrigen Causa freigesprochen hatte, ein neues Gesetz in Kraft getreten, mit dem eine schreckliche Gesetzeslücke geschlossen worden ist.
Da gibt es nämlich einen Mann, der war im August 2010 zunächst verurteilt worden, weil er in einer U-Bahn heimlich einer Frau unter den Rock fotografiert hatte. Ganz so heimlich kann es allerdings nicht gewesen sein, denn er war damit aufgefallen. Das erstinstanzliche Gericht hatte daraufhin das „Peeping Tom Law“ angewendet und den Sünder zur Rechenschaft gezogen. Der hatte – frech wie er ist – Rechtsmittel eingelegt, und deshalb musste der Oberste Gerichtshof des Bundesstaates entscheiden. Und der hat den Übeltäter zur Empörung der sittenstrengen Bevölkerung freigesprochen, weil das „Peeping Tom Law“ für solche Fälle nicht gemacht worden sei. Anwendbar sei das Gesetz nämlich – so berichtet stern.de – nur, wenn die unfreiwilligen Subjekte der Begierde in Umkleidekabinen oder Badezimmern nackt oder zumindest teilweise nackt fotografiert werden. In öffentlichen Räumen, wie etwa in der U-Bahn, schütze das Gesetz nicht, meinte das Hohe Gericht. Außerdem sei die Frau unter dem Rock auch nicht nackt gewesen. Pech und Glück zugleich für den Fotografen. Nulla poena sine lege – da kann man nichts machen.
Eilig wurde das Parlament von Massachusetts in der staatstragenden Angelegenheit zusammengerufen und erließ ohne großes Federlesen ein neues Gesetz. Ab sofort ist es grundsätzlich strafbar, wenn heimlich Fotos oder Videos von „intimen Körperteilen“ aufgenommen werden, seien sie auch durch Kleidungstücke bedeckt. Zweieinhalb Jahre Haft und ein Bußgeld von 5.000 Dollar drohen dem Rechtsverletzer, bei Kindern verdoppelt sich die Strafe für das auch „Upskirting“ genannte Handeln sogar. Gouverneur Deval Patrick hat das Gesetz gleich unterschrieben, nur zwei Tage dem Urteilsspruch des Supreme Court.
Dem freigesprochenen „Höschenjäger“ – so bezeichnet ihn der STERN – kann das egal sein. Für seinen Fall kommt das neue Gesetz noch nicht zur Anwendung, der Freispruch bleibt. Allerdings darf er sich nicht erneut auf die Jagd begeben. Und zivilrechtlich kann die durch die damaligen Aufnahmen in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzte Frau wohl noch gegen ihn vorgehen. Wie wir wissen, drohen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten astronomische Schmerzensgelder……
Also doch noch kein „Ende gut – Alles gut“ für den Höschenjäger.
Kategorie: Strafblog
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