Staatsanwaltschaft verzichtet auf Revision im Piratenprozess



Veröffentlicht am 5. November 2012 von

Meyer-Goßner, Kommentar zur Strafprozessordnung

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat im Piratenprozess darauf verzichtet, gegen das Urteil der Jugendkammer, mit dem die erwachsenen Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und sieben Jahren und die drei jungen Angeklagten zu Jugendstrafen von jeweils zwei Jahren verurteilt worden waren, Revision einzulegen. Dabei hatte die Anklagebehörde wesentlich höhere Strafen, nämlich für die Erwachsenen bis zu 12 Jahren und für die jungen Somalier immerhin noch zwischen vier und fünfeinhalb Jahre, beantragt. Bei der Entscheidung, kein Rechtsmittel einzulegen, mag eine Rolle gespielt haben, dass die Staatsanwaltschaft mit der rechtlichen Würdigung der Kammer durchaus einverstanden war und dass sie weiß, dass der Bundesgerichtshof  die konkrete Strafzumessung nur in Ausnahmefällen moniert, wenn entweder wesentliche Stafzumessungsgründe vergessen wurden oder wenn die Strafe unvertretbar hart und unvertretbar milde ausgefallen ist.

Es wird nun abzuwarten bleiben, ob die 9 Angeklagten, welche Revision eingelegt haben, diese aufrecht erhalten werden. Nicht selten wird eine Revision zunächst einmal nur fristwahrend eingelegt, um ein Gegengewicht gegen eine etwaige Revision der Staatsanwaltschaft zu schaffen. Allerdings gibt es im vorliegenden Fall auch grundlegende Rechtsfragen, die zum Teil juristisches Neuland sind und die Zulässigkeit des Verfahrens insgesamt betreffen. Bei den jungen Angeklagten kommt die Fragestellung hinzu, ob aufgrund der Gesamtumstände der Tat und der von Hunger und Not geprägten Tatmotivation die Schwere der Schuld begründbar war und ob die Verhängung von Jugendstrafe erzieherisch geboten war. Einige der erwachsenen Angeklagten hatten geltend gemacht, sie seien zu ihrer Tatbeteiligung gezwungen worden. Sie hatten dies zum Teil durch die Benennung von Auslandszeugen unter Beweis gestellt, die aber nicht gehört worden sind. Kontrovers dikustiert wurde auch die Frage, ob ein versuchter oder vollendeter erpresserischen Menschenraub vorlag. Insoweit gäbe es genug Stoff für eine Revision.

Vielleicht warten einige Angeklagte und ihre Verteidiger auch erst einmal die schriftliche Urteilsbegründung ab, bevor sie entscheiden, ob die Revision tatsächlich durchgeführt werden soll. Ich  selbst habe für meinen Mandanten absprachegemäß ebenfalls Rechtsmittel eingelegt und gehe derzeit davon aus, dass ich dieses auch begründen werde.


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