In Deutschland beginnt die Strafmündigkeit bekanntlich erst mit dem 14. Geburtstag. Wer vorher Straftaten begeht, seien sie auch noch so schwer, kann dafür nicht vor Gericht gestellt werden. Da sind nur Maßnahmen im Rahmen der Jugendwohlfahrt oder eventuell nach dem PsychKG (Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten) möglich.
Anders in den USA. Dort können auch Kinder angeklagt und verurteilt werden, soweit ihnen Schuldfähigkeit zugebilligt wird. So wie jetzt in Kalifornien. Da muss sich der heute 12-jährige Joseph Hall vor Gericht verantworten, weil er am 1. Mai 2011 – damals war er 10 Jahre alt – seinen Vater erschossen hat. Der war einer der führenden Neonazis der USA und soll Presseberichten zufolge bisweilen durchaus gewalttätig gewesen sein. Was den Jungen dazu bewegt, den Vater regelrecht hinzurichten, soll von einem kalifornischen Gericht geklärt werden.
Bei spiegel-online wird berichtet, dass Jeff Hall in seinem Wohnzimmer schon mal die Hakenkreuzfahne hisste oder dass er mit seinem Sohn an die mexikanische Grenze fuhr, um dort Jagd auf illegale Einwanderer zu machen. Regelmäßige Treffen des National Socialist Movement (NSM) hätten in Halls Wohnung stattgefunden.
Am Abend vor dem 1. Mai soll es zu einem Streit zwischen Jeff Hall und seiner Ehefrau, Josephs Stiefmutter, gekommen sein. Jeff Hall, 32, hatte wohl eine Affäre mit einer anderen Frau und dachte an Scheidung. Am selben Tag, aber wohl schon vorher, soll Joseph seiner kleinen Schwester, als sie nebeneinander schaukelten, angekündigt haben, er werde den Vater erschießen. Nachts gegen 4 Uhr schlich er sich dann hinunter ins Wohnzimmer, wo sein Vater auf der Couch eingeschlafen war. Er setzt einen Revolver auf den mit Nazisymbolen tätowierten Kopf seines Vaters an, direkt hinter dem linken Ohr. Dann drückt er ab und geht wieder nach oben in sein Zimmer und legt sich ins Bett. Die Waffe hat er unter dem Bett versteckt. Die Stiefmutter ruft die Polizei, die Joseph mitnimmt.
Laut welt.de soll die Stiefmutter die Tat zunächst auf sich genommen haben, um Joseph zu schützen. Später habe sie ihr Geständnis aber widerrufen. Vor Gericht habe sie angegeben, ihr Mann habe Joseph öfter geschlagen als die anderen Kinder. Er habe auch Drogen konsumiert. Wenn er high war, sei die Familie in andere Räume ausgewichen. Wegen seiner Stimmungsschwankungen hätte man nie gewusst, mit welchem Jeff man es gerade zu tun hatte.
„Joseph dachte, der Schuss auf seinen Vater macht ihn zum Helden“, soll sein Anwalt Matthew Hardy vor Gericht erklärt haben. „Joseph dachte, dass er das Richtige tut.“ Wenn der Junge davon ausgegangen sei, nichts Falsches zu tun, dann könne er für die Tat auch nicht verantwortlich gemacht werden.
Joseph hat im Rahmen seiner Vernehmungen ausgesagt, er sei durch eine Folge der Krimiserie „Criminal Minds“ zu der Tat animiert worden. Da hätte auch ein Sohn seinen Vater erschossen, der zuvor den Kindern Böses angetan hatte. Die Polizei hätte dem Sohn geglaubt und ihm sei nichts passiert.
Der zuständige Staatsanwalt Soccio hält Joseph schlichtweg für einen Mörder, der weggesperrt werden müsse. Die Verteidigung instrumentalisiere die rechtsradikale Einstellung des Mordopfers. „Der Junge hätte seinen Vater auch erschossen, wenn der Mitglied einer Friedens- und Freiheitspartei gewesen wäre“, wird Soccio zitiert.
Der Richter, den in dem Fall entscheidet, heißt Jean P. Leonard. Es liegt an ihm, ob Joseph freikommt oder im schlimmsten Fall bis zu seinem 23. Lebensjahr eingesperrt bleibt. Das Verfahren wird fortgesetzt.
Ich werde im strafblog berichten.
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Permalink: Ein Zehnjähriger richtet rechtsradikalen Vater mit aufgesetztem Kopfschuss hin – Ein Mordprozess der besonderen Art
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vor: Staatsanwaltschaft verzichtet auf Revision im Piratenprozess
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