Stell dir vor, du bist ein verurteilter Bankräuber und weißt es gar nicht!



Veröffentlicht am 14. September 2012 von

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Dass man rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt wird, ohne davon überhaupt zu wissen, ist gar nicht so selten. In Deutschland kennen wir das insbesondere im Strafbefehlsverfahren. Fast jeder Strafverteidiger wird schon damit zu tun gehabt haben, dass Mandanten mit Zahlungsaufforderungen oder Bewährungswiderrufen in die Kanzlei kommen und durchaus glaubhaft behaupten, von einer Verurteilung überhaupt nichts zu wissen. Dem Cs-Aktenzeichen entnehmen wir dann sofort, dass es sich um eine Verurteilung per Strafbefehl handelt, und da gibt es viele Möglichkeiten, hiervon nichts zu wissen. Zum Beispiel, weil der oder die Verurteilte zum Zeitpunkt der Zustellung die Wohnung gewechselt hatte, ohne sich rechtzeitig umzumelden und die Zustellung deshalb in Leere ging. Oder weil der Ex-Partner die Zustellung zwar entgegengenommen, den Strafbefehl aber – etwa aus Rache – nicht weitergegeben hat. Oder deshalb, weil es Menschen gibt, die gelbe Briefumschläge grundsätzlich nicht öffnen, weil sie Ungemach vermuten, das sie lieber gar nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Manche nennen das auch Verdrängung. Wir können uns dann mit Fragen wie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nachträgliche Anhörung, Wiederaufnahme des Verfahrens und ähnlichem auseinandersetzen. Manchmal gibt es ja tatsächlich noch Möglichkeiten, etwas zu retten und Versäumtes nachzuholen.

Eher selten dürfte es aber sein, dass man im Nachinein erfährt, dass man nicht nur wegen einer recht gravierenden Straftat verurteilt wurde, sondern dass man die Strafe auch zu einem großen Teil verbüßt hat. So ist es nach einem Bericht bei Die Presse.com unlängst einem Mann aus dem slowakischen Bratislava gegangen, dessen Frau von einem Gericht der tschechischen Landeshauptstadt Prag durch eingeschriebenen Brief unterrichtet wurde, dass sie für die Zeit der Inhaftierung ihres Ehemannes Mikulas Janko einen Antrag auf Unterhaltszahlungen stellen könne. Die Eheleute hielten das Schreiben für einen Scherz und ignorierten dieses, bis ein Zeit später ein zweiter Brief des Gerichts eintraf, mit dem der Mann zur Zahlung von Gerichtskosten für den gegen ihn stattgefundenen Strafprozess aufgefordert wurde. Durch Nachfragen beim Gericht erfuhr man nun, dass der Mann wegen Bankraubes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war und inzwischen nach Verbüßung der Haft entlassen worden sei. Davon hätte er doch eigentlich wissen müssen, dachte sich der Mann wohl, zumal er in seinem ganzen Leben noch nie in Tschechien gewesen war. Für den Fall interessierte sich ein Fernsehsender, der herausfand, dass vor zwei Jahren ein echter Bankräuber mit falschen Personalpapieren gefasst worden war. In den gefälschten Ausweis waren die kompletten Personaldaten von Mikulas Janko hineinkopiert worden, allerdings in Kombination mit einem Foto des echten Räubers. Der hatte das gesamte Verfahren über die falsche Identität beibehalten und ist inzwischen untergetaucht. Noch weiß niemand, um wen es sich handelt. Wie der Mann an Jankos Personaldaten kam, ist nicht bekannt.

Janko muss sich jetzt mit anwaltlicher Hilfe darum bemühen, dass die Vorstrafe wieder gelöscht wird und man ihn auch nicht weiter mit Gerichtskosten behelligt, die er nie veranlasst hat. Immerhin soll das Gericht gegenüber dem Fernsehsender in Aussicht gestellt haben, der Fall könne neu aufgerollt und die Unschuld Jankos bestätigt werden. Man sieht, es gibt also doch noch Gerechtigkeit, auch wenn sie Zeit, Geld und Aufsehen kostet …


Kategorie: Strafblog
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