Voice of Germany – Straftaten bleiben ungesühnt



Veröffentlicht am 11. Februar 2012 von

Die Casting-Show „Voice of Germany“ ist vorbei und hat im gestrigen Finale mit der 19-jährigen Abiturientin Ivy Quainoo kaum bestreitbar eine würdige Siegerin gefunden. Während für die dunkelhäutige Sängerin mit der wunderbar rockig-souligen Stimme nun der Run auf weiteren Erfolg und aufs große Geld beginnt, stellt sich der Strafrechtler die unvermeidliche Frage, mit welchen strafrechtlichen Konsequenzen die Juroren und andere Beteiligte zu rechnen haben. Denn der Verdacht auf Straftaten, die während der  diversen Shows begangen wurden, liegt nahe.

Was für Straftaten?, werden Sie vielleicht fragen.

Nun, nehmen wir zum Beispiel Nena. Die Vielzahl ihrer ins Mikrofon gekreischten Liebesbekundungen für die Kandidaten taten durchaus weh und erfüllten rein objektiv mehrfach den Tatbestand der Körperverletzung. Da muss man gar nicht erst darauf zurückgreifen, dass sie ihre Favoritin Kim Sanders gleich zweimal zu Boden rang und sich mit ihr im Catchergriff über den Teppich rollte. Allerdings dürfte eine Strafverfolgung, soweit es um vorsätzliche Körperverletzung geht, auf der subjektiven Ebene scheitern. Denn Vorsatz setzt Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung voraus und Nena machte durchgängig den Eindruck, dass sie nicht wirklich etwas merkt. Und für eine Anklage wegen einer Fahrlässigkeitstat dürfte es an den erforderlichen Strafanträgen und wohl auch am öffentlichen Interesse fehlen. Glück gehabt, Nena.

Schwerer belastet ist da schon der Mitjuror und Coach Xavier Naidoo. Da liegt der Verdacht verdammt nahe, dass er  mindestens zweimal falsch geschworen hat. Meineid ist ein Verbrechen und als solches von Amts wegen zu verfolgen. Sein Kandidat Rüdiger habe „die beste Stimme des Universums“, schwor Naidoo  vor Millionen Zuschauern, um ihn dann beim Kampf um die beste Voice wegen einer imaginären Frauenquote zugunsten einer wesentlich schwächeren Kandidatin rauszuwählen. Eindeutig strafbar, oder? Und weil die Hemmungen mit der ersten Tat gefallen waren, wiederholte er das Ganze wenig später, als er dem großartigen Mic Donet eine grammywürdige Stimme bescheinigte, um ihn dann an dem musikalisch weit schwächeren Max Giesinger scheitern zu lassen.  Wider besseres Wissen behauptete er dann auch noch, mit Max den besten Sänger Deutschlands, eben die „Voice of Germany“,  im Finale zu haben. Das hat ihm das Gericht in Gestalt des Fernsehpublikums dann aber doch nicht abgekauft und Max zu Recht auf den undankbaren 4. Platz gewählt.

Wegen Amtsanmaßung muss sich wohl der in der Tradition anderer Castings-Shows zur Glaubhafthaftmachung des Zuschauervotums hinzugezogene Notar Dr. Jürgen Jenckel verantworten. In klarer Überschreitung seiner Kompetenzen schwang der skurrile Jurist sich wiederholt zum Moderator auf und überraschte nicht nur den eigentlichen Amtsinhaber Stefan Gödde, sondern auch  das Publikum mit verstörenden Lobhudeleien auf die Kandidaten. Bei Facebook wird Jenckel auch als der eigentliche Star von Voice of Germany gehandelt. Warum singt der Mann nicht?, wird zu Recht gefragt.

Gleich mehrfach dürfte der Tatbestand der Nötigung verwirklicht worden sein, als Kandidaten unter Androhung von Liebesentzug von ihren Coaches dazu veranlasst wurden, (zumeist deutsches) Liedgut zu verbreiten, das einfach nicht zu ihnen passte. Insoweit und auch, soweit es zu wohlmeinenden Beleidigungen unter den Coaches kam, haben alle Geschädigten großzügig auf  Strafanträge verzichtet. Und im Vergleich zu Bohlen dürften die Ehrverletzungen auch unter der Erheblichkeitsschwelle gelegen haben.

Letztlich  wird es wohl nicht zu Strafverfahren gegen die Teilnehmer von Voice of Germany kommen, weil der Gesetzgeber – wiederum in Gestalt des Publikums –  ein konkludentes Amnesty-Gesetz erlassen hat. Schließlich soll es ja mit einer 2. Staffel weitergehen.


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