Von brennenden Kinderwagen und Depressionen



Veröffentlicht am 2. Februar 2012 von

Zu 5 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe hat das Berliner Landgericht einen 29-jährigen Zeitungsboten wegen schwerer Brandstiftung, Körperverletzung und Sachbeschädigung verurteilt. Der Mann hatte über mehrere Wochen hinweg in Altbauhausfluren im Bezirk Prenzlauer Berg Kinderwagen in Brand gesetzt. 10 mal hatte der Feuerteufel zugeschlagen, bevor er festgenommen wurde. Die Brände konnten jeweils schnell gelöscht werden, aber nach den Feststellungen der Kammer sollen eine Frau und 3 Kinder leichte Rauchvergiftungen erlitten haben. Außerdem – so das Gericht – hätte leicht ein Inferno entstehen können.

Wie Spiegel-Online berichtet, hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung ausgesagt, er könne selbst kein Motiv für die Taten nennen. Bei der Polizei soll er dem gegenüber als Motiv allgemeine Lebensunzufriedenheit und „Hass auf Schwaben“ genannt haben. Ein Polizist soll als Zeuge ausgesagt haben, der Angeklagte habe die reichen Schwaben dafür verantwortlich gemacht, dass der kleine Mann aus dem Kiez verdrängt werde. Er habe viel geweint. Bei seiner Festnahme sei der Mann völlig abgemagert gewesen.

Bei der Tat soll laut einer Gutachterin möglicherweise Neid auf die jungen Leute mit einem sorglosen Leben im Bezirk Prenzlauer Berg eine Rolle gespielt haben. Der Angeklagte habe zuletzt zurückgezogen gelebt. Er habe viel gearbeitet und sein Geld dann für Drogen ausgegeben. Der Mann habe sich ruiniert. Außerdem sei er depressiv.

Bei dieser Sachlage erstaunt es, dass die Strafkammer – insoweit wohl der Gutachterin folgend – die volle Schuldfähigkeit des Mannes feststellte; die Depressionsneigung müsse aber behandelt werden.

Die Staatsanwaltschaft hatte sogar eine Haftstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten beantragt, um Nachahmungstäter abzuschrecken.


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