Warnschussarrest – Und ist der Ruf erst ruiniert, so lebt’s sich völlig ungeniert!



Veröffentlicht am 8. März 2012 von

Jetzt soll er also tatsächlich kommen. Der Warnschussarrest.

Das seit langem als unerlässlich angesehene  Instrumentarium zur wirkungsvollen Erziehung von jugendlichen Straftätern soll nun „endlich“ gesetzlich verankert werden.

Bei einem Treffen der Koalitionsspitzen aus CDU/CSU und FDP  wurde vor kurzem beschlossen, dass der sog. Warnschussarrest eingeführt werden wird. Aber was bringt es einem jugendlichen Täter in den Genuss des Warnschussarrestes zu kommen?

„Warnschuss“- Das klingt für mich erst mal wie ein eindringlicher Hinweis, dass eine Grenze überschritten wurde und bei nochmaligem Übertritt eine „richtige“ Konsequenz folgen wird. Also doch eigentlich gar keine schlechte Idee.

„Arrest“- In der öffentlichen Wahrnehmung habe ich den Eindruck ist das Wort weit weniger negativ behaftet als das Wort Gefängnis oder einfach Knast. „Arrest“ scheint für die Öffentlichkeit eine Art Stubenarrest in einer staatlichen Einrichtung zu sein, bei dem der böse Bube mit erhobenem Zeigefinger die Konsequenzen seine Tuns aufgezeigt bekommen soll und durch kurzzeitigen Freiheitsentzug dazu gebracht werden wird, selbstständig über seine Taten nachzudenken und im Wege eigener Läuterung sein Fehlverhalten einzusehen, um in Zukunft einen anderen Weg einzuschlagen. Auch das hört sich doch gar nicht so schlecht an…

Aber „Warnschuss“ hat leider in der Praxis nichts mit einem eindringlichen Hinweis zu tun, sondern bietet dem von einem solchen Arrest Betroffenen vor allem die Möglichkeit, sich mit ebenfalls straffällig gewordenen Jugendlichen über das bis dahin Geleistete auszutauschen. Der Warnschuss kann im Gegenteil zu seiner Idee des eindringlichen Einwirkens, zu einer Förderung von Kriminalität verunglücken.

Und ein „Arrest“ hat in der Praxis leider wenig mit einem In-Sich-Kehren zu eigenständiger Läuterung zu tun. Arrest in seiner jetzigen Form bietet den Jugendlichen die Möglichkeit schon mal im Knast gewesen zu sein. Ein in manchen Kreisen für den Lebenslauf unabdingbarer Umstand, der für viele „dazu gehört“. Nicht von ungefähr zeigen die Rückfallzahlen hinsichtlich  der Jugendarrestverbüßung von ca. 70  %, dass der Arrest nicht gerade als heilsamer Kurzknast angesehen werden kann. Wie der Kriminologe Prof. Dr. Christian Pfeiffer in einem Interview mit dem Focus klarstellt, ist die Rückfallwahrscheinlichkeit nur im Jugendgefängnis mit 80% noch höher als jene beim Jugendarrest.  Im Vergleich hierzu hat die Bewährungsstrafe dagegen – je nach Dauer – nur eine Rückfallquote von 45 bis 50 Prozent. Fazit des Kriminologen: „Daraus lässt sich leicht ablesen: Der Jugendarrest hat sich nicht bewährt. In Kombination mit der Bewährungsstrafe würde er deren gute Rückfallbilanz gefährden.“

Auch die zurückgehenden Kriminalitätszahlen (1998 -2009: Rückgang von 18% bei den 14- 18- Jährigen) können die Notwendigkeit eines Warnschussarrestes nicht begründen (vgl. hierzu Welt-Online „Was bringt der Warnschussarrest für Jugendliche“).

Die Zahlen scheinen zumindest zu widerlegen, dass das Prinzip „Viel hilft viel“ auch Anwendung auf das Jugendstrafrecht finden sollte. Und es stellt sich die berechtigte Frage, ob der staatliche Schlag mit Rohrstock auf die Finger des Jugendlichen nicht wieder in den verstaubten Schubladen eines seit langem überholten Erziehungsmodells verschwinden sollte.

So bleibt nur die Vermutung, dass es um die Einführung einer seit langer Zeit geforderten Methode geht, den Wähler zu beruhigen und sich selbst ein Arbeitszeugnis ausstellen zu können, welches mit Ergebnissen in Form von Gesetzesänderungen, ausgestaltet ist.

Insoweit stellt die Einführung eines Warnschussarrestes für Jugendliche wohl eher ein Instrument zur Beruhigung des eigenen konservativen Wähler- Klientels dar, das scheinbar nimmer müde wird, in der Verschärfung von Gesetzen und der Anhebung von Strafrahmen ein Allheilmittel gegen Kriminalität zu sehen.

Vorzugswürdig wäre es doch dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts gerechter zu werden und einem Jugendlichen den stigmatisierenden Gang in eine Vollzugsanstalt zu ersparen und durch sinnvolle pädagogische Betreuung zu ersetzen.

Rechtsreferendar Alex Stoll / Gerd Meister


Kategorie: Strafblog
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