Der Oberste Gerichtshof Italiens hat das freisprechende Urteil im Fall Amanda Knox, einem weltweit beachteten Mordprozess, über den ich im strafblog schon mehrfach berichtet habe, aufgehoben, wie gestern unter anderem bei spiegel-online vermeldet wurde. Noch wurden die Entscheidungsgründe nicht veröffentlicht, aber man sieht mal wieder, dass die Wahrheit doch häufig im Auge des Betrachters liegt, und da gibt es die unterschiedlichsten Perspektiven. Nachdem die junge Frau, die von der Presse „Engel mit den Eisaugen“ getauft wurde, im ersten Anlauf gemeinsam mit ihrem Ex-Freund Raffaele Sollecito wegen eines bestialischen Sexualmordes schuldig gesprochen war, gab es in zweiter Instanz einen sensationellen Freispruch, wobei die Richter das erstinstanzliche Urteil massiv kritisierten und die Argumentation der Vorderrichter in vielen Einzelpunkten auseinandernahmen. Zu Unrecht, wenn man dem Kassationsgericht folgt, das der Revision der Staatsanwaltschaft und der Eltern der getöteten Meredith Kercher stattgab.
Also geht´s weiter mit dem Verfahren und dem ungewöhnlichen Medienhype, der schon Multimillionen Dollar bewegt hat. Film- und Buchrechte wurden verkauft, sowohl Amanda Knox und Sollecito als auch der Vater ihres vermeintlichen Opfers haben den Fall medial inszeniert und ihre Version des Geschehens veröffentlicht. Auch hierüber hat spiegel-online in einem weiteren Beitrag ausführlich berichtet. 2014 soll der Fall jetzt erneut vor der italienischen Justiz aufgerollt werden, aber es ist fraglich, ob Amanda Kox dort erscheinen wird. Ihre Anwälte sollen verlautbart haben, dass sie wohl eher nicht nach Italien reisen wird, und es ist mehr als zweifelhaft, ob die US-Justiz sie dorthin ausliefern wird. „Ne bis in idem“ – nicht zweimal in derselben Angelegenheit, argumentieren Knox´Anwälte, während die italienische Staatsanwaltschaft die Auffassung vertritt, dass ein Verfahren erst abgeschlossen ist, wenn es durch alle Instanzen gelaufen und rechtskräftig ist.
Es gibt noch viel Stoff, über den in diesem Fall berichtet werden kann. Die Medienwelt wird´s freuen.
Kategorie: Strafblog
Permalink: Amanda Knox: Die nächsten Runden sind eröffnet
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vor: 14 Jahre Haft für falschen Anwalt
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