Auf die Schnelle: Die Anordnung erkennungsdienstlicher Behandlung zu präventiv-polizeilichen Zwecken und wie man sich dagegen wehrt



Veröffentlicht am 19. Mai 2014 von

Wenn mich der Eindruck nicht trügt, hat die Anordnung erkennungsdienstlicher Behandlungen zu präventiv-polizeilichen Zwecken gem. § 81b 2. Alternative StPO in den letzten Jahren vehement zugenommen. Insbesondere bei Sexualdelikten reicht den Polizeibehörden oft schon eine vage Verdachtslage, um diesen grundrechtsintensiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte anzuordnen. Das gilt selbst dann, wenn die Anzeigeerstattung unter dubiosen Umständen erfolgt und auf den ersten Blick Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Anzeige nur wenig Substanz hat.

Derzeit habe ich es mit einem Fall zu tun, in dem eine wegen sexueller Geschehnisse selbst vorbestrafte Frau, die aktenkundig massive psychische Probleme hat und unter schwerwiegenden Depressionen leidet, ihren von ihr getrennt lebenden Ehemann wegen zahlreicher angeblicher Vergewaltigungen und anderer Übergriffe in der Ehe angezeigt hat. Die behaupteten Geschehnisse sind durch nichts belegt und die Gesamtumstände begründen erhebliche Zweifel. Gleichwohl wurde auch hier umgehend ein Anhörungsverfahren zur Vorbereitung der Anordnung der ED-Behandlung eingeleitet. Ich habe mit der sachbearbeitenden Kripo-Beamtin telefoniert und mitgeteilt, dass die Anzeigeerstatterin wegen ihrer psychischen Probleme unter Betreuung stehe. Ich habe angeregt, doch erst einmal den Verlauf der Ermittlungen abzuwarten. Die Beamtin entgegnete sinngemäß, die ED-Behandlung sei doch nicht so schlimm. Mein Mandant habe ja die Möglichkeit, im Falle der Einstellung des Verfahrens oder eines späteren Freispruchs die Löschung der ED-Unterlagen zu beantragen. Ich habe darauf hingewiesen, dass es für meinen Mandanten, der im Jugendhilfebereich tätig sei, ziemlich misslich sein könnte, wenn sein Konterfei beispielsweise von ihm betreuten Jugendlichen im Rahmen von Ermittlungsmaßnahmen zur Täteridentifizierung vorgelegt werde. Ich hatte nicht den Eindruck, dass meine Argumente wirklich verfangen haben. Also habe ich schriftlich Stellung genommen. Bislang liegt noch keine Anordnung der ED-Behandlung vor. Vielleicht wartet man doch erst einmal den weiteren Gang der Dinge ab.

In einem anderen Fall hat die Polizeibehörde unsere Einwendungen gegen die beabsichtigte ED-Behandlung verworfen und die Durchführung der Maßnahme angeordnet. Da ging es um ein paar bislang strafrechtlich nie in Erscheinung getretene Jugendliche, die in der Nacht auf den 1. Mai im betrunkenen Zustand randaliert und ein paar Sachbeschädigungen verübt haben sollen. Außerdem – und das ist sicher mehr als nur ein bloßer Scherz – sollen sie mehrere Gullydeckel aus dem Boden gerissen und neben dem dadurch entstanden Loch auf die Straße gelegt haben. Das kann einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr darstellen. Die Beweislage ist dünn, denn niemand hat die Taten beobachtet und zur Tatzeit sollen mehrere Gruppen randalierender Jugendlicher unterwegs gewesen sein. Mein Mandant bestreitet jegliche Tatbeteiligung.

Wir haben beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage gegen die Anordnung eingereicht. Im Termin hat der Richter den Vertreter des Landes NRW darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine ED-Behandlung zu präventiven Zwecken nicht vorlägen. Es liege wohl schon keine hinreichender Tatverdacht vor. Außerdem gebe der einmalige Vorfall noch keinen Anlass zu der Vermutung, dass es zukünftig zu weiteren, nicht anders oder nur erschwert aufklärbaren Straftaten kommen werde. Der Vertreter des Landes hat daraufhin erklärt, dass die Maßnahme aufgehoben werde. Die Kosten des Klageverfahrens wurden dem Land NRW auferlegt.

Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Klagen gegen die Anordung von ED-Behandlungen eingelegt. Ausnahmslose alle waren erfolgreich. Das Land hat jeweils die Kosten tragen müssen.

Es hat allerdings auch Fälle gegeben, in denen wir den Mandanten von einer Klage abgeraten haben, weil die Maßnahme offensichtlich rechtmäßig war. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Beweislage klar ist und wenn es schon einschlägige Vorverurteilungen oder andere erhebliche Anhaltspunkte für einschlägiges delinquentes Verhalten gab. Das bedarf immer einer genauen Prüfung. Es wäre wünschenswert, dass auch die Polizeibehörden sorgfältig und sensibel prüfen und angemessene Einzelfallentscheidungen treffen würden. Aber vielleicht lernen die ja im Laufe der Zeit hinzu, wenn sich genügend Betroffene erfolgreich zur Wehr setzen.


Kategorie: Strafblog
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