Ziemlich skrupellos erscheint ein Mordfall, über den spiegel-online schon am Freitag berichtet hat. In Berlin-Lübars war vor einer Woche die Leiche einer 21-jährigen Pferdewirtin gefunden worden, die offensichtlich erwürgt worden war. Die Ermittlungbehörden waren schnell von der Möglichkeit einer Beziehungstat ausgegangen. Inzwischen liegen Erkenntnisse vor, die es naheliegend erscheinen lassen, dass der 23-jährige Ex-Freund des Opfers die Tat inszeniert hat, um eine erkleckliche Lebensversicherungssumme zu kassieren. Der Mann, ebenfalls Reitsportler, benötigte wohl Geld für den Aufbau eines Reiterhofs in Nordrhein-Westfalen. Er wusste, dass seine Ex vor kurzem die Lebensversicherung über 245.000 Euro zu seinen Gunsten abgeschlossen hatte. Weil er sich die Tat nicht selbst zutraute, soll er nach polizeilichen Erkenntnissen eine 26-jährige Bekannte, die sich Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft mit ihm machte, eingeweiht haben. Diese wiederum informierte ihren Bruder, der im Gefängnis saß und der vermittelte einen Kontakt zu dem mutmaßlichen Mörder, einem 22-jährigen Dortmunder, der sich gegen eine Belohnung von 1.000 Euro zu der Tat bereit erklärte.
Im Beisein des Ex-Freundes und der 26-Jährigen soll der Dortmunder die junge Frau schließlich erwürgt haben, nachdem diese zuvor von dem Ex unter einem Vorwand auf einen Parkplatz in der Nähe eines Freibades gelockt worden war.
Erst über eine Funkzellenauswertung seines Handys, mit der sich die Aufenthaltsorte des 23-Jährigen nachweisen ließen, waren die Ermittler in der Lage, seine Anwesenheit am Tatort zu belegen. Die Lebensversicherung liefert ein plausibles Tatmotiv. Bislang hat er seine Tatbeteiligung allerdings abgestritten, während die 3 anderen Beteiligten zunächst Geständnisse abgelegt haben. Der 22-jährige Dortmunder soll dieses nach anderen Presseberichten inzwischen widerrufen haben. Auch seine Handydaten sollen aber die Anwesenheit am Tatort belegen.
Den 3 am Tatortort anwesenden Beteiligten droht eine Anklage wegen Mordes, dem Bruder der 26-Jährigen wegen Beihilfe.
Anmerkung: Es scheint sich immer noch nicht herumgesprochen zu haben, dass über Handys komplette Bewegungsprofile erstellt werden könne, die im Falle schwerer Straftaten von den Ermittlungsbehörden mit richterlicher Genehmigung bei den Mobilfunkbetreibern abgefragt werden dürfen. Die Funkzellenabfrage (FZA) ist seit Anfang 2008 in § 100g StPO gesetzlich geregelt. Voraussetzung für die Abfrage ist, dass die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise „aussichtslos oder wesentlich erschwert“ ist. Wann „schwere Straftaten“ vorliegen und unter welchen konkreten Voraussetzung abgefragt werden darf, ist jeweils Tatfrage und wird außerordentlich kontrovers diskutiert. Das gilt insbesondere für Massenabfragen, wie sie etwa im Fall der Dresdener Anti-Nazi-Demonstration im Februar 2011 durchgeführt wurden. Das Amtsgericht Dresden hatte die Maßnahme im Mai 2012 in einem höchst umstrittenen Urteil für rechtmäßig erklärt, Näheres dazu können Sie bei taz.de nachlesen.
Kategorie: Strafblog
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