Das Elend der Mallorca-Deutschen: „Ich brauche anwaltliche Hilfe, habe aber leider kein Geld“



Veröffentlicht am 5. Februar 2013 von

Kathedrale Son Seu, Palma de Mallorca

Seit vielen Jahren bin ich regelmäßig auf Mallorca, wo ich früher auch einmal eine Kanzlei betrieben habe. Ab und an vermittelt mir mein damaliger spanischer Partner Mandate von Mallorca-Deutschen, die strafrechtliche Probleme in Deutschland haben. Und allzu oft stellt sich dann heraus, dass sich das Elend, das sie aus Deutschland weggetrieben hat, auf der Sonneninsel fortsetzt und manchmal auch potenziert.

Heute habe ich mich in Palma recht spontan mit einer Landsfrau getroffen, die echte Nöte hat. Die Story ist für hiesige Verhältnisse nicht ungewöhnlich. Vor einem halben Jahrzehnt ist sie mit ihrer Rumpffamilie nach Mallorca gekommen, hat hier immer von der Hand in den Mund gelebt, sich an allen möglichen Jobs versucht, mehrfach die Wohnung gewechselt. Im Sommer findet sie meistens Arbeit, ihre inzwischen halbwegs erwachsene Tochter ebenfalls, im Winter muss sie sich arbeitslos melden und bezieht Stütze. Die reicht dann so gerade eben für die Miete und ein eher karges Leben. Finanzielle Reserven anlegen kann man da nicht. Vor einiger Zeit hat die Frau über eine Annonce einen Nebenjob angenommen, eine leichte Vermittlungstätigkeit, hieß es. Der Arbeitgeber sitzt angeblich in Deutschland, 400 Euro monatlich wollte er im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses  zahlen.

Ach ja, und weil er keine Residencia in Spanien hat, bat er darum, für ihn ein Konto auf den eigenen Namen oder den Namen der Tochter zu eröffnen. Nur vorübergehend, versteht sich, bis er selbst kommen und ein Konto auf seinen Namen eröffnen kann. Und über dieses Konto lief dann Geld,  das die Frau gutgläubig, wie sie sagt, und naiv, wie sie auch sagt, per Bartransfer mit Western Union an den Mann weitergeleitet hat. An eine Andresse außerhalb Europas. Geld hat sie bislang nicht  bekommen, sagt sie, sie wurde immer wieder mit telefonischen Versprechungen hingehalten, persönlich gesehen hat sie den „Arbeitgeber“ nie. Der versprach ihr immer das Blaue vom Himmel, er werde kommen,  in Palma ein größeres Geschäft eröffnen, sie solle die Leitung übernehmen, es werde für beide eine gute Sache werden, eine win-win-Situation, und so weiter und so fort. Aber momentan brauche er jeden Cent aus den laufenden Geschäften, damit er alles anleiern könne. Das habe sie geglaubt, sagt die Frau.

Jetzt ist anscheinend in Deutschland ein Haftbefehl gegen sie  in der Welt, Online-Betrug wirft man ihr vor. Sie habe Luftgeschäfte gemacht, nie vorhandene Waren verkauft und das Geld der geprellten Kunden auf ihr Konto nach Spanien überweisen lassen und dort abgehoben. Die Frau, die angibt, von nichts zu wissen, bat mich ziemlich flehentlich, ihr zu helfen. Nein, Geld habe sie derzeit nicht, um mich zu bezahlen, im Monat stünden ihr nach Abzug der Miete gerade mal 250 Euro für die sonstige Lebenshaltung zur Verfügung.

Schicksale dieser Art gibt es hier zuhauf. Und wenn die Not groß ist, dann wird bei zwielichtigen Angeboten nicht immer genau hingeschaut. Natürlich hätte sie Verdacht schöpfen können, dass da etwas nicht stimmt, sagt die Frau  heute, aber der Mann sei am Telefon sehr überzeugend gewesen. Und deshalb sei sie wohl auch auf ihn hereingefallen.

Jetzt geht es darum, erst einmal den Haftbefehl aus der Welt zu bekommen. Aber für die Arbeit brauche ich eine gewisse finanzielle Grundlage („Verstehe ich, Sie sind ja nicht die Caritas“, hat die Frau zu mir gesagt), und da beißt sich die Katze möglicherweise in den Schwanz. Obwohl ich bereit bin, auf die soziale Situation Rücksicht zu nehmen, kann ich nicht einfach honorarlos arbeiten. Pro-bono-Mandate könnte ich jede Woche ein paar Dutzend übernehmen, aber damit unterhält man keine Kanzlei. Also muss das die Ausnahme bleiben, der vorliegende Fall eignet sich nicht wirklich dazu. Jetzt will die Frau erst mal schauen, ob sie eine Grundlage schaffen kann, manchmal gibt es ja Freunde, Verwandte, Bekannte oder andere Menschen, die helfen können. Ich bin ihr mit meinen Honorarvorstellungen sehr weit entgegengekommen, aus einem gewissen Mitleid heraus, wirklich Geld verdienen könnte ich mit dem Mandat gar nicht. Also eigentlich doch  pro bono, wenn man´s realistisch sieht. Wirklich scharf bin ich auf das Mandat nicht gerade, wie Sie sich vielleicht vorstellen können.

Mal sehen, was passiert, die Frau will sich bei mir melden. Ich fliege heute Abend wieder zurück nach Deutschland. Das war´s dann mit dem leicht verlängerten Wochenendtrip.


Kategorie: Strafblog
Permalink: Das Elend der Mallorca-Deutschen: „Ich brauche anwaltliche Hilfe, habe aber leider kein Geld“
Schlagworte: