Eine neue Dimension: Wuppertaler Landgericht verurteilt Vergewaltiger zu 100.000 Euro Schmerzensgeld



Veröffentlicht am 6. Februar 2013 von

Die von der Justiz zuerkannten Schmerzensgelder fallen in Deutschland nach weit verbreiteter Auffassung oft deutlich zu niedrig aus und werden den tatsächlichen Beeinträchtigungen, die mit den körperlichen und psychischen Leiden der Geschädigten verbunden sind,  bei weitem nicht gerecht. Nicht, dass ich US-amerikanischen Verhältnissen das Wort reden möchte, da werden bisweilen für relative Banalitäten  Zigtausende oder gar Millionen zugesprochen. Illustre Beispiele finden sich bei ohlala.de.

Das Landgericht Wuppertal hat jetzt laut einem Bericht bei focus.de einer heute 20-jährigen jungen Frau, die vor vier Jahren entführt und mehrfach vergewaltigt worden war, ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro zugesprochen und damit eine neue Dimension des immateriellen Schadensersatzes eröffnet. Die damals 16-jährige Schülerin aus Solingen war im 4. Monat schwanger, als sie von einem in der Nachbarschaft lebenden 29-jährigen Mann auf dem Schulweg abgefangen und in seine Wohnung verschleppt wurde. Vier Tage wurde sie gefangen gehalten, bevor ihr die Flucht gelang. Obwohl sie ihrem Peiniger mitteilte, dass sie schwanger war, soll der sie mindestens viermal stundenlang vergewaltigt haben. Er werde sie nie wieder freilassen, soll der Mann ihr gedroht haben, und ihr Kind werde er töten, falls es ein Junge werde. Sollte es ein Mädchen werden, werde er dieses ebenfalls missbrauchen.

Nach der Flucht musste die stark traumatisierte Schülerin lange psychologisch behandelt werden. Der  Täter wurde 2009 von einer Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts zu einer Freiheitsstrafe von zwölfeinhalb Jahren verurteilt.Ein Gutachter hatte ihn als schizoiden Einzelgänger bezeichnet, der keine Reue zeige und sehr geplant gehandelt habe. In seiner Wohnung habe man ein regelrechtes Drehbuch für die Tat gefunden. Wenn er gewusst hätte, wie toll das ist, dann hätte er so etwas schon früher gemacht, soll er dem Gutachter gesagt haben.

Die 100.000 Euro sind das höchste jemals in Deutschland für eine Vergewaltigung zugesprochene Schmerzensgeld. Das Gericht ist damit noch um 20.000 Euro über den von dem Anwalt der Frau als Minimum geltend gemachten Betrag hinausgegangen. „Wir sind zwar gehalten, uns an vergleichbaren Fällen zu orientieren. Die bisherigen Zahlungen erscheinen uns aber zu niedrig“, wird der Vorsitzende Richter zitiert. Der Anwalt des Vergewaltigers hat angekündigt, die Entscheidung anzufechten. Insoweit wird abzuwarten bleiben, ob die Obergerichte die neue Dimension bestätigen.

Das Aktenzeichen der Entschiedung lautet 16 O 95/12.

 


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