Mit einer gewissen Bewunderung sehe ich, dass mein Kollege Pohlen täglich bloggt. Darauf angesprochen, woher er die Zeit nimmt und die Energie, antwortet er: Reine Routine. Setzt dich jeden Tag ran, und die Sätze fließen dir schnell aus den Fingern. In der Tat, erinnere ich mich an Zeiten, in denen ich auch regelmäßig gebloggt habe und mir immer eine kleine Geschichte einfiel, die ich so zwischendurch in einer Pause zu Papier brachte. Doch irgendwann riss der Faden, und seither komme ich kaum noch zum Schreiben. Das liegt nicht nur an der vielen Arbeit im Büro. Damit schlägt sich der Kollege Pohlen ja auch täglich rum. Sicher hat es damit zu tun, dass ich, wenn ich abends nach Hause komme, den kleinen dreijährigen Arman an der Backe habe, dem ich meine Zeit schulde. Ich komme nach Hause, und da wirft er sich mir in die Arme, nimmt meine Hand und zieht mich – noch ehe ich die Jacke ausgezogen habe – ins Kinderzimmer. „Ich habe eine gute Idee!“, sagt er dabei. „Wir spielen Bauernhof!“ Und schon knie ich am Bett, schlage die Bettdecken soweit zurück, dass wir Platz haben. Wir bauen die Pappkartons auf, in die ich mit meinem Schweizer Taschenmesser Fenster und Türen eingeschnitten habe. Darein kommen die kleinen Plastiktiere. Mama Kuh, das Kalb, die Schweinchen, aber auch die Elefanten und auch mal ein Dinosaurier aus unserer Spielkiste. Ich stecke eine kleine Legoplatte in eines der Fenster. Das ist unser Pizzaofen. Vor dem Bauernhof stellen wir die Schlümpfe: Pizzababy, Pizzamama und Pizzapapa, die die ganze Bagage im Inneren der Bauernhofs mit Pizza versorgen. Nur der Dinosaurier kriegt meistens nichts ab, weil er das Kälbchen gebissen hat. Neben den Bauernhof kommt natürlich die Waschstraße, damit unsere Matchbox-Autos immer schön gewaschen werden können, und zwischendurch verwandelt sich der Bauernhof auch mal in ein Gefängnis oder Krankenhaus, je nachdem wie sich die Spielgeschichte entwickelt. Nach einer Stunde tun mir die Knie weh, und meine Stimme ist von dem ganzen Männchensprech heiser. Ich habe keine Lust mehr Pizzababy vor dem zurückfahrenden Auto zu retten, den verunfallten Traktor zur Werkstatt zu schleppen oder dem Dino zu erklären, dass es für ihn heute keine Pizza mehr gibt. Nein, auch keine mit Salami!
Ich locke Arman mit dem Versprechen auf ein leckeres Butterbrot und eine Folge Schaun das Schaf in die Küche. Danach wird kurz gebadet und dann geht´s zum Geschichtelesen ins Bett. Grüffelo rauf und runter. Er liebt diese Geschichten und kann nicht genug davon kriegen. Meine Frau kommt schließlich mit der Milchpulla und „schläfert“ ihn ein. Ich gehe zurück in die Küche und rauche eine Zigarette. Eigentlich müsste ich jetzt Saxophon üben. Bald ist wieder Probe und Chameleon-Solo sitzt noch nicht hundertprozentig. Aber Saxophone sind laut. Zu laut, wenn gerade ein Kind einschlafen soll. Ich gehe ins Wohnzimmer und schaue auf meinen Laptop. Soll ich noch einen Blogg-Beitrag schreiben. Vielleicht über die strafrechtliche Beurteilung des Grüffeloverhaltens gegenüber der Maus? Meine Frau schlürft schlaftrunken vom Kinderzimmer herein. Sie umklammert mich von hinten und schmiegt sich eng an mich. „So, mein Lieber! Jetzt bin ich dran!“ Ich lächele sie an. „Wie wär´s mit einem Gläschen Wein und einer Folge ´The Wire`?“
Rechtsanwalt Gerd Meister, Mönchengladbach
Kategorie: Strafblog
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