Den Beruf zum Hobby gemacht (?) – Gynäkologe darf wegen Aufnahmen vom Intimbereich der Patientinnen auch weiterhin nicht praktizieren



Veröffentlicht am 17. April 2012 von

Es gibt eine ganze Reihe von Gynäkologenwitzen, die sich mit dem befassen, was dieser Berufsstand so tagtäglich zu Gesicht zu bekommt. Zum Beispiel den: Treffen sich zwei Gynäkologen in der Kneipe. Sagt der eine zum anderen: „Endlich mal wieder Gesichter!“  (Brüllbrüll). Anders soll es da ein Frauenarzt aus dem pfälzischen Schifferstadt gehandhabt haben, dem sein Tagesgeschäft anscheinend nicht genügte. Schon im letzten Jahr hatten Ermittler auf seinem Rechner mehr als 35.000 Fotos und Videos aus dem Intimbereich seiner Patientinnen vorgefunden, die der Mann zumeist ohne Wissen der Frauen heimlich bei den Untersuchungen aufgenommen haben soll, ohne dass eine medizinische Notwendigkeit dafür bestand. Der Fall hatte naturgemäß Wellen geschlagen und das rheinland-pfälzische Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung hatte die Approbation des Mediziners durch Ordnungsverfügung vorläufig zum Ruhen gebracht, bis die Vorwürfe geklärt sind. Derweil war eine Ermittlungsgruppe der Polizei mit der delikaten Aufgabe befasst, das Bildmaterial auszuwerten und den Patientinnen des Arztes zuzuordnen. Diese wurden sodann von den Polizisten mit den Ermittlungsergebnissen konfrontiert und gefragt, ob sie Strafantrag gegen den Doktor ihres bisherigen Vertrauens wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gemäß § 201a StGB stellen wollten. Der größte Teil der ermittelten 1.800 Patientinnen habe das inzwischen getan, heißt es. Wie die Zuordnung der Bilder im Detail erfolgte und ob einige der betroffenen Frauen die Tatsache, dass  ihr Intimbereich gewissermaßen polizeilich ausgewertet wurde, nicht als zusätzlich entwürdigend empfanden, wird nicht berichtet.

Dafür erfahren wir aber bei spiegel-online, dass der Mediziner gegen das vorläufige Berufsverbot Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht hatte, diese jetzt aber kurz vor der für den kommenden Donnerstag anberaumten Verhandlung zurückgenommen hat. Damit darf er auch weiterhin nicht praktizieren. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat sich Beschuldigte noch nicht zu den Vorwürfen geäußert, heißt es.

Der Fall ist in dieser Konstellation wohl noch nicht von einem deutschen Strafgericht entschieden worden, dürfte rechtlich aber doch ziemlich eindeutig sein. Nach § 201a StGB wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt. Dass ein gynäkologisches Behandlungszimmer gegen Einblicke besonders geschützt ist, liegt auf der Hand. Und dass Intimfotos dem höchstpersönlichen Lebensbereich zuzuordnen sind, ist auch keine Frage. Nach der Kommentierung soll es auch ausreichend sein, wenn „Teile der Person“ abgebildet werden, sofern es nicht völlig an einer Identifizierbarkeit auch durch das Opfer selbst fehlt (vgl. Tröndle/Fischer, § 201a Rdnr. 5). Hier hat sogar die Polizei die Aufnahmen zuordnen können, also dürfte auch insoweit Tatbestandsmäßigkeit vorliegen. Dass die bloße elektronische Speicherung der Bilddateien ausreicht und kein Ausdruck erforderlich ist,  ist ziemlich unstreitig und versteht sich heute auch von selbst, denke ich. Und unbefugt hat der Arzt sicher auch gehandelt, wenn es weder eine medizinische Notwendigkeit noch eine Zustimmung der Patientinnen zu den Bildaufnahmen gab. Schließlich ist es zur Tatbestandsmäßigkeit auch nicht notwendig, dass der Arzt sich  die Fotos tatsächlich angeschaut hat oder diese etwaigen anderen Personen zugänglich gemacht hat oder machen wollte.

Im subjektiven Bereich ist es nur schwer vorstellbar, dass der Mediziner ohne Vorsatz gehandelt hat. Scheinbar hat ihn sein Job so fasziniert, dass er diesen auch jenseits der Behandlungen zu einem reichlich eigenartigen Hobby nutzen wollte. Fragt sich, warum er dieses Risiko auf sich genommen hat, wo das Internet doch im Bedarfsfall voll von solchen Bildern ist. Aber vielleicht lag für ihn der Reiz ja gerade in der Heimlichkeit der Aufnahmen oder darin, dass er – anders als im Internet – die Frauen persönlich kannte und die Bilder zuordnen konnte. Es scheint, soweit ich das ohne Aktenkenntnis beurteilen kann, doch eher unwahrscheinlich, dass er seinen Beruf noch einmal ausüben darf.

 


Kategorie: Strafblog
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