Derzeit füllt der Fall Edathy die Schlagzeilen und vielerorts wird darüber spekuliert, wer der Affäre nach dem zurückgetretenen Minister Friedrich als nächstes zum Opfer fällt. Ich habe gestern darüber im strafblog berichtet. Zu Recht wird in der öffentlichen Berichterstattung vermehrt die auch von mir aufgeworfene Frage problematisiert, ob der Hinweis auf ein vielleicht anstößiges, aber offensichtlich strafloses Verhalten die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder den Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen rechtfertigen kann, weil man ja vielleicht doch noch etwas Strafbares finden könnte.
Samstags ist bei uns zumeist Kinotag. Gestern Abend haben wir uns „American Hustle“ angeschaut, der von Oscar-Anwärter David O. Russel gedreht wurde und mit einem Wahnsinnsaufgebot von Top-Schauspielerinnen und Schauspielern aufwartet, die – das kann ich vorwegnehmen – durchweg grandios ihre Rollen verkörpern. In dem Film geht es – wie im richtigen Leben – um engagierte Strafverfolger, die sich zum Ziel gesetzt haben, einflussreiche Politiker zur Strecke zu bringen und hierdurch die eigene Karriere zu befördern.
Zur Story:
Da ist der figürlich leicht aus den Fugen geratene, etwas schleimige und Kunsthaar tragende Betrüger Irving Rosenfeld, der es auf vielfältige Weise versteht, seine Mitmenschen um ihr Bestes – nämlich ihr Geld – zu erleichtern. Der Mann betätigt sich gegen ein stattliches Entgelt als Kreditvermittler, wobei seine in die finanzielle Bredouille geratenen Kunden leider nie tatsächlich einen Kredit erhalten. Er verkauft gefälschte Kunstwerke als echt und ist überhaupt vor keinem schmierigen Geschäft fies. Er hat sich schon von Kindesbeinen an für eine kriminelle Laufbahn entschieden, nachdem er mitbekommen hatte, wie sein biederer Vater – Inhaber einer Glaserei – sich von seinen Kunden über´s Ohr hauen ließ. Rosenfeld wird von einem sehr verwandelten Christian Bale gespielt, der eine wirklich oscarreife Leistung abliefert. Was hat der Mann mit seiner Figur gemacht, frage ich mich, der war doch mal Batman und hat den hageren Psychopathen Patrick Bateman in American Psycho oder den ausgemergelten Maschinisten im gleichnamigen Film „The Machinist“ gespielt. Für die letztgenannte Rolle soll er damals 30 Kilo abgenommen haben, der Mann weiß also mit seinem Gewicht zu spielen.
Verheiratet ist Rosenbaum mit Rosalyn, einer leicht üppigen Blondine, die an Depressionen leidet und herrlich naiv und doch auch verschlagen daherkommt. Ich musste schon zweimal hinschauen, um die Oscarpreisträgerin Jennifer Lawrence zu erkennen, die mir erstmals in „Winter´s Bone“ so richtig aufgefallen ist und die 2013 für ihre Rolle in „Silver Linings“ den begehrten Preis als beste Hauptdarstellerin gewonnen hat. In den „Tributen von Panem“ war sie noch dunkelhaarig und zeigte einen durchtrainierten, weniger üppigen Körper als jetzt, aber schön anzusehen ist sie auch so, und schauspielerisch bietet sie mal wieder eine Höchstleistung.
Rosenbaum hat Rosalyns Sohn adoptiert, und den liebt er wirklich, und deshalb kann er sich auch nicht von seiner Frau trennen, als er die verführerische Sydney Prosser, gespielt von einer ebenfalls überzeugenden Amy Adams, kennenlernt und sich in sie verliebt. Prosser ist auf der Suche nach Glück und Erfolg und entwickelt ein beträchtliches betrügerisches Talent, als sie sich dazu entschließt, Rosenbaum bei seinen zwielichtigen Geschäften zu unterstützen.
Ein Zeit lang betrügenen die beiden durchaus vergnüglich ihre Mitmenschen, bis Sydney, die sich jetzt Lady Edith Greensley nennt, an einen Undercover-Agenten namens Richie DiMaso gerät, der sie bei einer Scheckübergabe festnehmen und für ein paar Tage einsperren lässt. Dann macht der FBI-Mann den beiden ein Angebot. Sie sollen ihm helfen, ein paar korrupte Politiker, darunter ein populärer Bürgermeister (Jeremy Renner), ein paar Abgeordnete und ein leibhaftiger Senator, zu überführen, indem sie diese zur Zahlung von Bestechungsgeldern verleiten, und dafür sollen sie im Gegenzug straffrei bleiben. Bradley Cooper spielt den ehrgeizigen Cop, dem kein Investment zu groß ist, um irgendwie zum Erfolg zu kommen, und der sich dafür mit bisweilen schlagenden Argumenten bei seinem Vorgesetzten einsetzt und dabei Rückendeckung von einem ebenfalls überaus ehrgeizigen Staatsanwalt bekommt.
Es beginnt ein farbiges Verwirrspiel, bei dem auch ein angeblicher arabischer Scheich und ein von Robert de Niro gespielter Mafiapate eine Rolle spielen. Schlussendlich werden ein paar korrupte Politiker auch tatsächlich überführt, aber mehr verrate ich jetzt nicht.
„American Hustle“ ist in 10 Kategorien für den Oscar 2014 nominiert, darunter beste Haupt- und Nebendarsteller, bester Film, beste Regie. Die Nominierungen sind durchaus verdient, finde ich, und als Strafverteidiger habe ich auch wieder etwas dazugelernt. Auch wenn es bei uns so etwas natürlich gar nicht gibt, wir leben ja in einem echten Rechtsstaat.
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