Gestern Morgen bin ich von Hamburg kommend ins thüringische Gera gefahren, wo um 13 Uhr ein Erörterungstermin vor dem Schöffengericht in einer komplexen Wirtschaftsstrafsache anberaumt worden war. Der Verteidiger des Mitangeschuldigten war aus Düsseldorf angereist, wir sind später gemeinsam dorthin zurückgefahren. Das Hauptverfahren ist noch nicht eröffnet, aber der Staatsanwalt hatte vorgeschlagen, die Sache doch einmal gemeinsam zu besprechen, und so hatten wir uns auf den Termin verständigt. Wir sind gestern im Rahmen einer knapp eineinhalbstündigen Besprechung ein gehöriges Stück nach vorne gekommen, es zeichnet sich eine einvernehmliche Lösung ab, die eine Hauptverhandlung entbehrlich machen könnte. Da lohnt es dann auch, knapp 10 Stunden im Auto zu sitzen und runde 1.000 Kilometer über teils verstopfte Straßen runterzurattern. Den Mandanten erspart das wohl eine mehrtätige kostenträchtige Hauptverhandlung, die avisierte Lösung (teilweise Einstellung nach § 154 StPO, ansonsten Erledigung im Strafbefehlsverfahren) ist nach den Gesamtumständen angemessen.
Den Staatsanwalt kenne ich aus einer anderen Umfangssache persönlich, der Richter war neu für mich und kam offen und sympathisch rüber. Das Gespräch verlief trotz der hohen Temperaturen ganz erfrischend, die Vorstellungen lagen recht nahe bei einander (was ja durchaus nicht selbstverständlich ist). Jetzt müssen seitens der Mandantschaft noch ein paar Hausaufgaben gemacht werden, dann sollte die avisierte Lösung unter Dach und Fach gebracht werden können.
Die mehrstündige Rückfahrt mit dem Düsseldorfer Kollegen, den ich bislang nur ganz flüchtig kannte, war durchaus kurzweilig, weil – auch über den Fall hinaus – viele interessante Themen da waren, die uns auch menschlich näher gebracht haben. Da kamen recht viele Jahrzehnte Lebens- und Berufserfahrung zusammen, wobei der Kollege eigentlich reiner Zivilrechtler ist, der sich vorliegend eher zufällig ins Strafrecht verirrt hat. Da sind die Perspektiven, aus denen heraus man so ein Verfahren betrachtet, durchaus unterschiedlich, was sich als ganz bereichernd erwies. Wir haben bei schönem Wetter noch in bzw. vor einem Lokal zusammengesessen und Gedanken ausgetauscht.
Auch wenn´s ein langer Tag geworden ist, er hat sich – so glaube ich – für uns und unsere Mandanten gelohnt. Bekanntlich zählt am Ende ja, was hinten rauskommt.
Kategorie: Strafblog
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