Der Wert der Freiheit: 12 Millionen Euro Entschädigung für knapp 2 Jahre Haft



Veröffentlicht am 12. März 2013 von

 

Handschellen, Quelle: Wikimedia Commons

Handschellen, Quelle: Wikimedia Commons

Die Haftentschädigung für zu Unrecht erlittenene Untersuchungshaft beträgt in Deutschland nach § 7 StrEG satte 25 Euro pro Tag, das sind 9.125 Euro jährlich. Mehr ist die Freiheit dem Gesetzgeber nicht wert, auch wenn vielleicht ein ganzes Leben und das der Familienangehörigen durch staatliche Willkür oder „Irrtum“ zerstört worden ist. Ganz anders sieht das in den USA aus, deren Gerichte zwar – was Willkürentscheidungen anbetrifft – auch nicht immer als Hort der Rechtsstaatlichkeit in Erscheinung treten, aber im Falle des Nachweises von unrechtmäßiger Freiheitsberaubung durch den Staat deutlich höhere Entschädigungen zubilligen.

Ziemlich rekordverdächtig ist eine Haftentschädigung, die jetzt ein Gericht in Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico dem 59-jährigen Stephen Slevin zugesprochen hat. Laut spiegel-online war der Mann im August 2005 von der Polizei in Dona Ana County angehalten worden, weil er betrunken Auto gefahren war. Das Auto war nicht seines, sondern gehörte einem Freund, was Slevin gegenüber den Polizisten auch beteuerte. Die interessierte das offensichtlich nicht besonders, sie sperrten den Mann mal eben in eine Zelle und „vergaßen“ dann offensichtlich, ihn vor Gericht zu stellen oder freizulassen. Fast zwei Jahre blieb Slevin im Gefängnis, davon die letzten Monate in Einzelhaft, weil die Polizei davon ausging, der Mann könne sich umbringen. Als Slevin sich über Zahnschmerzen beklagte, wurde ihm der Gang zum Zahnarzt verweigert, so dass er sich schließlich selbst einen Zahn zog, um die Schmerzen loszuwerden.

Erst im Juni 2007 wurde Stephen Slevin schließlich freigelassen. Bei spiegel-online sind 2 Bilder abgedruckt, die Slevin vor und nach der Inhaftierung zeigen. Das zweite Bild zeigt einen verwildert aussehenden Mann mit ungepflegten, langen Haaren und einem mächtigen grauen Bart. Monatelang waren dem Polizeiopfer die Haare sowie die Finger- und Zehennägel gewachsen, das zweite Bild erinnert mich irgendwie an Charles Manson, den Mörder von Sharon Tate, kurz nach seiner Verhaftung.

15,5 Millionen US-Dollar Entschädigung, das sind umgerechnet ca. 12 Millionen Euro,  sprach das Gericht in Albuquerque dem Mann jetzt in 2. Instanz zu, das sind zwar 6,5 Millionen Dollar weniger, als die Vorinstanz für angemessen erachtete, aber immer noch einer der höchsten Beträge, die in den USA je einem Opfer für Verstöße gegen Bürgerrechte zugesprochen wurde. Das erscheint abstrus viel, aber der Wert der Freiheit ist in Geld ohnehin nicht zu bemessen. Bei uns ist´s jedenfalls eher jämmerlich, was dem Staat die Freiheit seiner Bürger wert ist, finde ich.


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