Dicke Luft im Düsseldorfer Landgericht



Veröffentlicht am 2. Mai 2014 von

 

Amts- und Landgericht Düsseldorf

Amts- und Landgericht Düsseldorf

Nein, das war nicht wirklich angenehm, was die Verfahrensbeteiligten einschließlich meiner Wenigkeit (obwohl, so wenig ist das leider gar nicht..) am vergangenen Mittwoch im Saal A157 des Düsseldorfer Landgerichts erdulden mussten. In der Sache geht es um einen halbwegs veritablen Anlagebetrug. Die 3 Angeklagten sollen eine Vielzahl von Anlegern um gut 1,6 Millionen Euro geprellt haben, indem sie diesen wertlose Aktien eines in Wirklichkeit nicht geschäftsaktiven Unternehmens als solche eines börsennotierten Pharmakonzerns verkauft haben.

Der älteste der drei Angeklagten sitzt schon seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft. Mein Mandant war aufgrund von Angaben seiner Ex-Lebensgefährtin, die ihm nichts Gutes will, zweimal festgenommen und einmal für zwei Wochen in Haft genommen worden, bis sich das Gericht im Rahmen einer Haftprüfung selbst ein Bild von der Frau machte und den Haftbefehl dann wieder außer Vollzug setzte.

Weil der älteste Angeklagte gesundheitliche Beschwerden hat, ist er von einem Arzt auf seine Verhandlungsfähigkeit hin untersucht worden. Die sei grundsätzlich gegeben, sofern man ihm hinreichend viele Pausen gewähre, hatte der Mediziner am ersten Verhandlungstag ausgeführt, und so sind wir am Mittwoch in die Beweisaufnahme eingestiegen.

Schon von Beginn an war dicke Luft im Verhandlungssaal, und zwar nicht sinnbildlich, sondern im wahren Sinne des Wortes. Die Klimaanlage funktionierte nicht so, wie sie sollte, es war stickig und drückend, und das wurde im Laufe des Tages nicht besser. „Herr Eulenspiegel (Name geändert), können Sie dem Verfahren noch folgen?“, fragte der Staatsanwalt den Hauptangeklagten mehrere Male, weil der weggeknickt zu sein schien und mit geschlossenen Augen den Kopf in die Hände stützte. „Es geht schon“, antwortete der gequält und mit leiser Stimme, und obwohl der Vorsitzende mehrfach Pausen einlegte, konnte man bisweilen Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Mannes haben. Aber dessen Verteidiger haben nicht protestiert.

Zwei Zeugen wurden recht langatmig befragt, die Antworten sprudelten nicht gerade aus ihnen heraus, und so verging der Tag auf zähe Weise. Die Verteidigung kam nicht mehr dazu, ihr Fragerecht abschließend auszuüben, beide Zeugen müssen noch einmal wiederkommen. Um kurz nach halb drei hatte der Vorsitzende ein Einsehen und beendete die Verhandlung, nachdem es den anwesenden Saalwachtmeistern nicht gelungen war, die Klimaanlage so einzustellen, dass die Luft besser wurde. Ich selbst habe mit leichten Kopfschmerzen das Gericht verlassen, meinem Mandanten ging es auch nicht besser.

Das Gericht hat am ersten Verhandlungstag einen Verständigungsvorschlag unterbreitet und für den Fall geständiger Einlassungen Freiheitsstrafen zwischen 3 Jahren 6 Monaten und 4 Jahren für die beiden jüngeren Angeklagten und von 4 Jahren und 6 Monaten bis zu 4 Jahren und 9 Monaten für den strafrechtlich deutlich mehr vorbelasteten Hauptangeklagten in Aussicht gestellt. Wir haben uns dazu noch nicht geäußert, aber meine Verteidigung geht in eine andere Richtung. Es sei denn, mein Mandant resigniert wegen der schlechten Luft im Verhandlungssaal und nimmt jede Strafe in Kauf, Hauptsache, es geht schnell und er muss den stickigen Saal nicht mehr betreten. Aber noch habe ich die Hoffnung, dass die Justiz die Technik in den Griff kriegt und eine prozessrechtsgerechte Urteilsfindung ermöglichen wird.


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