Die Durchsetzung von Forderungen mit dem Knüppel des Strafrechts



Veröffentlicht am 11. Januar 2013 von

Land- u. Amtsgericht Mönchengladbach

Ganz zufrieden sein durfte mein Mandant in der gestrigen Hauptverhandlung mit dem Urteil sein, durch welches er unter Strafvorbehalt verwarnt wurde. Die Verhängung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen für den Fall, dass er eine offene Forderung von 1.800 Euro nicht innerhalb eines Jahres bezahlt, bleibt nach dem Urteilsspruch vorbehalten.

Ein banaler Fall, eigentlich fast klassisch. Das Unternehmen des Mandaten war in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, nachdem überraschend ein großer Kunde, mit dem er seit Jahren rund 80 Prozent seines Umsatzes machte, weggebrochen war. Der Mann bemühte sich, neue Kunden zu generieren, aber das ist ja bekanntlich nicht immer einfach. Die Kosten liefen weiter, und deshalb wurde es schwierig, alle laufenden Verpflichtungen zu erfüllen. Es kamen neue Aufträge, zunächst tröpfchenweise, aber immerhin Silberstreifen am Horizont. Zur Abwicklung der Aufträge wurde eine Spedition eingeschaltet, mit der der Mandant schon immer erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Aber dann blieben einige Rechnungen offen, mit Zinsen und Nebenkosten waren´s nachher rund 1.800 Euro. Versuche, sich auf einen Teilbetrag zu einigen, um wieder auf die Füße zu kommen, scheiterten trotz der jahrelangen Geschäftsbeziehung. Statt dessen erstattete der Inhaber der Spedition Strafanzeige wegen Eingehungsbetruges, und darum ging es gestern am Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor meinen Vorschlag, das Verfahren nach § 153a StPO unter der Auflage der Schadenswiedergutmachung einzustellen, im Hinblick auf einige etliche Jahre zurückliegende Vorverurteilungen, denen auch eine Insolvenzsituation zugrunde lag, abgelehnt.

Ich habe darauf hingewiesen, dass mein Mandant sich nicht anders verhalten hat als zehntausende von anderen Unternehmern, die bei wirtschaftlichen Problemen um den Erhalt der Firma kämpfen. Würde alle die gesetzlichen Vorgaben einhalten und frühzeitig Insolvenzantrag stellen oder ihre Vertragspartner auf die schwierige Situation des Unternehmens hinweisen, würde sich die Zahl der Insolvenzen vervielfachen. Die Arbeitslosenzahl würde dramatisch steigen, das Steueraufkommen sinken. Oft genug gelingt es ja, das schlingernde Schiff wieder in eine stabile Lage zu bringen, und wo kein Kläger ist, da ist dann auch kein Richter. Und nicht ganz selten sind die Geschäftspartner, die sich im Nachhinein per Strafanzeige beklagen, weit weniger ahnungslos über die wirtschaftliche Situation ihrer Kunden, als sie angeben. Man kennt ja oft seine Pappenheimer und kalkuliert ein gewisses Ausfallrisiko ein. Trotzdem wird der Knüppel des Strafrechts aus der Tasche gezogen, wenn die Forderung endgültig verlustig zu gehen droht.

Ach ja, so ist das halt, aber an der Tatbestandmäßigkeit des Verhaltens ändert´s ja nichts. Da ist dann von Eventualdolus die Rede, von Gefährdungsschaden und anderen Dingen und man muss versuchen, die Sache mit einem angemessenen Ergebnis über die Bühne zu bekommen. Der Amtsrichter gestern war ein verständnisvoller Mensch, er hat auf eine große Beweisaufnahme verzichtet und wir haben uns auf eine Vorgehensweise nach § 59 StGB, das ist die Verwarnung mit Strafvorbehalt, geeinigt. Die Referendarin, die für die Staatsanwaltschaft auftrat, hat mit ihrem Ausbilder telefoniert (was wohl nicht nötig gewesen wäre), und der hat jedenfalls nicht widersprochen.

Der Mandant muss jetzt die gegen ihn titulierte Forderung innerhalb eines Jahres bezahlen, dann bleibt er von weiteren finanziellen Sanktionen verschont. Damit kann er leben. Und für den Anzeigeerstatter hat sich der Knüppel des Strafrechts als lohnend herausgestellt. Für mich hat das einen leicht faden Beigeschmack.


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