…schrieb mir gestern eine Mandantin, für die ich mit einigem Argumentationsaufwand nach vorherigem Erlass eines Strafbefehls eine Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO herausgeschlagen hatte. Es ging um den Vorwurf des Leistungsbetruges und die Beweissituation war nach Aktenlage eher fatal. Die Mandantin hatte zwar vorgetragen, sie hätte die Aufnahme einer Arbeitsstelle fast rechtzeitig bei der ARGE angezeigt, aber dort fanden sich keinerlei Unterlagen und die zuständigen Mitarbeiter, mit denen die Frau über die Arbeitsaufnahme telefoniert haben wollte, haben dies zeugenschaftlich entschieden dementiert. Und das Argument, über Monate hinweg nicht in die Kontoauszüge geschaut und den weiteren Leistungsbezug nicht bemerkt zu haben, ist auch nicht durchschlagend glaubhaft, selbst wenn es so gewesen sein sollte.
Die Verfahrenseinstellung ist unter diesen Gesichtspunkten sicher ein guter Erfolg und verhindert eine ansonsten zu erwartende Vorstrafe, und außerdem liegt die Geldauflage noch unter der im Strafbefehl ausgeworfenen Geldstrafe. Da sollte man sich doch glücklich schätzen, zumal alle von der Mandantin vor meiner Einschaltung vorgebrachten Argumente auf Granit gestoßen waren und zu dem Strafbefehl geführt hatten und Einstellungen bei Leistungsbetrug eher selten sind. Da wird nämlich gerne mit generalpräventiven Aspekten argumentiert, die einer Verfahrenseinstellung – auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten – entgegenstehen.
Ich solle über die Höhe der Geldauflage doch noch einmal mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft reden, meinte die Mandantin. Als ob ich das nicht schon im Vorhinein getan hätte. Natürlich habe ich ihre Einkommensverhältnisse dargelegt und mich mit Engelszungen für eine moderate Beilegung des Verfahrens eingesetzt. Die habe ich dann auch erreicht. „Nun seien Sie mal zufrieden“, habe ich der Frau telefonisch mitgeteilt, „die Sache ist ausgereizt und ich bin mehr als froh für Sie, dass eine Verurteilung vermieden werden konnte. Das ist nicht selbstverständlich!“
„Aber ich bin doch unschuldig, und dafür sind mehr als 1.000 Euro Geldauflage zu viel“, meinte die Frau, und damit hat sie grundsätzlich Recht. Aber mit der Unschuld ist das ja so eine Sache und die Wahrheit liegt bisweilen im Auge des Betrachters. Was nützt die Unschuld, wenn sie niemand glaubt und die Beweislage dagegen spricht. „Ich hoffe, Sie glauben mir wenigstens“, meinte meine Mandantin abschließend, obwohl ich ihr schon wiederholt erklärt hatte, dass es auf meinen Glauben nun wirklich nicht ankommt und ich jedem Mandanten nur vor den Kopf schauen kann. Bei der Beurteilung der Beweislage muss ich mich jedenfalls an der mutmaßlichen oder explizit geäußerten Sichtweise von Gericht und Staatsanwaltschaft orientieren und herausfinden, ob hieran mit Argumenten oder Beweisvorbringen etwas zu ändern ist. Und vorliegend war die Verteidigungssituation nicht gerade komfortabel gewesen, um es zurückhaltend auszudrücken.
„Na gut, dann muss ich das halt schlucken“, meinte die Frau mit leicht resignativer Stimme, aber dann kam doch noch ein leises Dankeschön für das erzielte Ergebnis. Ich habe dem Gericht die Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung mitgeteilt und so wird es jetzt auch kommen. Glück gehabt, sage ich, und vielleicht auch auf den letzten Drücker doch noch den richtigen Anwalt beauftragt….
Kategorie: Strafblog
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