Eine kuriose Straftat oder eine gemeine Intrige: Bürgermeister soll Attentat auf sich selbst inszeniert haben



Veröffentlicht am 27. September 2012 von

Molotow-Cocktail,Foto: Ohto Kokko

Der Fall dürfte wohl ziemlich einzigartig in der deutschen Justizgeschichte sein. Vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen muss sich der parteilose Bürgermeister der Schwarzwaldgemeinde Rickenbach wegen Vortäuschens einer Straftat und Betruges in sechs Fällen verantworten, weil er nach Auffassung von Polizei und Staatsanwaltschaft ein Attentat auf sich selbst inszeniert haben soll, um sich dienstunfähig schreiben zu lassen und eine erhöhte Pension zu kassieren. Der dem Bericht zufolge in seiner Gemeinde verhasste 41-jährige Norbert Moosmann hatte laut neckar-chronik.de an einem Sonntag im Juli 2010 die Polizei alarmiert, weil eine Flasche mit Spiritus durch das geöffnete Fenster direkt vor seinen Schreibtisch im Rathaus von Rickenbach geflogen sei. Er selbst habe das Zimmer nicht verlassen können, weil die Tür von außen mit einem Holzkeil versperrt gewesen sei. Daneben habe ein Zettel mit der Aufschrift „Hau ab, sonst fliegst du in die Luft“ gelegen. Zuvor will der Bürgermeister schon durch Farbschmierereien an seinem Auto und durch eine tote Maus im Briefkasten nebst anonymer Schreiben bedroht worden sein, wie sich aus Tagebucheinträgen in seinem beschlagnahmten Computer ergibt. Das Attentat verfolge ihn in seinem Träumen, soll dort auch zu lesen sein. Er habe den Eindruck, er solle dauerhaft aus dem Ort vertrieben werden.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, das Moosmann das Attentat gemeinsam mit seinem mitangeklagten 37-jährigen Lebensgefährten getürkt hat, um dienstunfähig geschrieben zu werden und erhöhte Versorgungsansprüche zu kassieren. Als Hauptbeweismittel führe die Staatsanwaltschaft Videoaufnahmen vom Rathausvorplatz an, die durch eine Überwchungskamera eines benachbarten Autohauses aufgenommen wurden. Darauf sei zwar niemand zu erkennen, habe der Staatsanwalt eingeräumt, es ließen sich aber gleichwohl aus den Aufnahmen Schlüsse ziehen, welche die Schuld der Angeklagten belegten. Welche Schlüsse das sind, ergibt sich aus dem Bericht nicht. Die beiden Angeklagten haben sich zu einer Schweigeverteidigung entschieden. Der Verteidiger Moosmanns sprach von einer Intrige gegen seinen Mandanten, der Opfer und nicht Täter sei. Die Polizei habe einseitig ermittelt und Indizien falsch bewertet. Es sei ein Klima der Vorverurteilung erzeugt worden.

Moosmann ist immer noch im Amt als Bürgermeister, seit mehr als zwei Jahren aber dienstunfähig krank geschrieben. Vor 7 Monaten ist er zwangspensioniert worden, aber dagegen hat er vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Im November findet dort der Prozess statt. Bis dahin jedenfalls muss die 3.800-Seelen-Gemeinde de facto ohne amtierenden Bürgermeister auskommen.

Aus der Gemeinde soll übrigens niemand als Prozessbeobachter nach Waldshut-Tiengen gekommen sein.

 


Kategorie: Strafblog
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