Europarat kritisiert Deutschland wegen Kastration von Sexualstraftätern



Veröffentlicht am 22. Februar 2012 von

 

Nach einem Bericht bei focus.de hat das Anti-Folter-Komitee des Europarates gerügt, dass in Deutschland immer noch die Möglichkeit besteht, verurteilte Sexualstraftäter chirurgisch zu kastrieren. Deutschland sei neben Tschechien das letzte europäische Land, in dem diese Praxis noch zugelassen ist.

Das Komitee appellierte an die Bundesrepublik, mit der Kastrationspraxis, welche zur einer irreversiblen Verstümmelung führe, Schluss zu machen. Die operative Entfernung der Hoden (Orchiektomie) führe zu dauerhaften physischen und psychischen Folgen. Vorangegangen war dem Statement des Komittees ein zehntägiger Besuch mehrerer Bundesländern, in dessen Rahmen mit betroffenen Straftätern und mit Medizinern gesprochen worden war.

In Deutschland ist die operative Kastration nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen und insbesondere nur mit Zustimmung der Betroffenen, die zuvor umfassend über die möglichen Folgen aufgeklärt werden müssen, möglich. Sie müssen mindestens 25 Jahre alt sein.

Das Komitee äußerte insbesondere Zweifel daran, dass die Entscheidung für die Kastration wirklich immer „frei und gut informiert“ erfolge. Es sei nicht auszuschließen, dass mancher die Zustimmung nur deshalb erteile, weil er davon ausgehe, ansonsten den Rest des Lebens in der Sicherungsverwahrung verbringen zu müssen.

Als deutlich weniger einschneidendes Mittel zu Eindämmung eines abnormen Sexualtriebs wurde auf die Möglichkeit hormoneller Behandlungen verwiesen. Die Bundesrepublik hat laut focus.de  zur Verteidigung der Kastrationspraxis auf die deutlich reduzierte Rückfallgefahr hingewiesen. Von mehr als 100 in den siebziger Jahren kastrierten Sexualstraftätern seien nur 3 Prozent rückfällig geworden, während die Rückfallquote bei nicht kastrierten Tätern im selben Zeitraum bei fast 50 Prozent gelegen habe. Das Bundesjustizministerium habe gleichwohl Verständnis für die Kritik geäußert und eine multidisziplinäre Debatte angekündigt, an der auch der Deutsche Ethikrat beteiligt werden solle.


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