Verteidiger Rainer Pohlen und Angeklagter Abdiwali M.

Es kam, wie es kommen musste. Jedenfalls habe ich selbst nicht damit gerechnet, dass die Jugendkammer des Hamburger Landgerichts unter dem Vorsitz von Dr. Steinmetz von einer erneuten Verbindung der erst am letzten Verhandlungstag getrennten Verfahren im „Piratenprozess“ absehen würde, nachdem einer der Angeklagten erklärt hatte, er werde weitere Angaben zur Sache machen, die auch andere Angeklagte betreffen. Ich hatte zwar noch vorgeschlagen,  zunächst einmal abzuwarten, ob von dem plötzlich redewilligen Mann überhaupt etwas Substantielles kommt, aber das war der Kammer wohl zu heiß.

Heute Nachmittag erreichte mich ein Fax der Geschäftsstelle  der Strafkammer, mit dem mir mitgeteilt wurde, dass ab morgen um 8 Uhr wieder gegen alle 10 mutmaßlichen Piraten gemeinsam verhandelt wird. Aus mir noch nicht bekannten Gründen ist die Sitzungsdauer für morgen und übermorgen auf jeweils 4 Stunden, nämlich von 8 bis 12 Uhr, beschränkt worden. Ein Urteil bis Ende März ist damit in weite Ferne gerückt, zumal nach übermorgen erst am 19.3. weiterverhandelt wird.

Fragt sich, was das für meinen jungen Mandanten bedeutet. Das OLG Hamburg hatte der Strafkammer zuletzt eine Deadline bis Ende März gesetzt. Bis dahin müsse das Verfahren gegen den zur Tatzeit Jugendlichen entweder abgeschlossen sein oder er müsse aus der „gerade noch verhältnismäßigen“ Untersuchungshaft entlassen werden. Ich werde wohl kurzfristig einen weiteren Antrag auf Haftentlassung stellen und – falls dieser wieder abschlägig beschieden werden sollte – erneut Haftbeschwerde einlegen. Dann wird man sehen, ob sich das OLG an seine eigenen Vorgaben hält oder nach dem Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ verfährt. In der Justiz ist bekanntlich fast Alles möglich.

Notfalls bleibt ja immer noch der Gang nach Karlsruhe, den ich schon mehrmals ernsthaft erwogen habe und dann wohl gehen muss.