Heute ist für mich ein verhandlungsfreier Tag, da sollten eigentlich Akten abgearbeitet und andere liegengebliebene Dinge erledigt werden. Endlich mal wieder durchatmen können, das wäre doch was. Aber irgendwie klappt´s nicht, heute ist mal wieder der Teufel los. Ein Mandant kommt vorbei, der ist von mit 2 Promille Atemalkohol in seinem Fahrzeug auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz angetroffen worden. Ob er nur das Licht angeschaltet oder das Fahrzeug bewegt hat, ist aufklärungsbedürftig. Der Mann erzählt mir, er sei nach seiner Erinnerung definitiv nicht gefahren, aber weiß man das, wenn man umgerechnet fast 4 Promille Alkohol im Blut hat? Andere Menschen sind da vielleicht schon tot oder auf der Intensivstation. Oder hat das Dräger-Gerät schlichtweg einen falschen Atemalkoholwert angezeigt? Da muss man wohl das Ergebnis der Blutprobe abwarten. Der Mandant weist darauf hin, wie wichtig die Fahrerlaubnis für ihn ist, da hängt sein Job dran und daran wiederum der Unterhalt für die Familie. Das ist eigentlich immer so in Führerscheinsachen, aber natürlich muss man darüber reden. Das braucht eine gewisse Zeit. Kaum ist das Gespräch beendet, klingelt das Telefon. Ein anderer Mandant ruft aus dem Gefängnis an, es ist sehr wichtig, ich soll unbedingt vorbeikommen. Ich höre mir das Thema an, er hat eine neue Anklage bekommen, ja, wichtig ist das schon. Ich verspreche ihm, spätestens morgen vorbeizuschauen. So, jetzt aber an die Arbeit, denke ich. Als ob das andere keine Arbeit wäre…
Meine Sekretärin fragt, ob eine besorgte Mutter kurz vorbeikommen könne, deren Sohn verhaftet worden ist. Es geht um Drogen, wohl ziemlich viel. Der Sohn hat schon einen Anwalt, aber dem vertraut man nicht, weil der bzw. seine Kanzlei auch Mitbeschuldigte vertritt, die den Sohn in die Sache hineingeritten hätten. Die Mutter soll vorbeikommen, sage ich meiner Sekretärin. Sie kommt kurz darauf, sie bringt gleich auch ihren Mann mit und etliche Unterlagen. Kiloweise Marihuana soll der Sohn ins Bundesgebiet eingeführt haben und eine Waffe war im Auto, da reden wir über 5 Jahre Mindestfreiheitsstrafe. Die Sache hat Kaliber, ich verspreche, mir eine Besuchserlaubnis zu besorgen und heute noch in die Nachbarstadt in den Knast zu fahren, falls es so schnell mit der Erlaubnis klappt. Es klappt erwartungsgemäß tatsächlich, also muss ich gleich los. Das verzögert sich aber noch, weil ein Mandant noch ein paar Anmerkungen zu einem längeren Schriftsatzentwurf hat, mit dem ich in einer Wirtschaftsstrafsache Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens erheben will. Wir telefonieren ein paar Minuten, dann müssen wir unterbrechen, weil dem Mandanten ein wichtiger anderer Anruf, der keinen Aufschub duldet, dazwischen kommt. Er will gleich zurückrufen, darauf warte ich derzeit und kann deshalb kurz diesen Beitrag bloggen. Danach geht´s dann in den Knast und dann habe ich noch ein paar Mandantentermine. Zwischendurch kümmere ich mich noch um eine Schülerpraktikantin, damit die ein wenig Verständnis für die Vorgänge in einer Strafverteidigerkanzlei bekommt. Ach ja, ich bekomme langsam Hunger, irgendwie bin ich heute noch nicht dazu gekommen, etwas Festes zu mir zu nehmen. Ich werde wohl auf dem Weg zum Knast irgendwo eine Kleinigkeit zu mir nehmen, kein Junk-Food, wenn es sich vermeiden lässt.
Mannomann, wo bleibt der Rückruf meines Mandanten in der Wirtschaftsstrafsache, ich muss bald los. Am besten, ich rufe ihn meinerseits an, sonst läuft mir die Zeit weg. Deshalb höre ich jetzt auch auf mit diesem Blogbeitrag. Außerdem muss ich ja noch arbeiten….
Kategorie: Strafblog
Permalink: Kiloweise Marihuana, 4 Promille Alkohol, Hilferuf aus dem Knast – Wie soll man da noch zum Arbeiten kommen?
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