„Love Scam“ in der Vorweihnachtszeit – Die nicht mehr ganz neue Masche der Nigeria-Connection…. und wie man sich davor schützt



Veröffentlicht am 4. November 2014 von

Rainer Pohlen

Rainer Pohlen

Schon seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts betreibt die sogenannte „Nigeria Connection“ in Westeuropa, besonders gerne auch in Deutschland, ihr Abzock-Unwesen und ändert dabei immer wieder mal das Feintuning. Das Grundprinzip ist allerdings dasselbe geblieben. Menschen werden mit (bisweilen absurden) Versprechungen, Drohungen, Verlockungen oder mit einer Mitleidsmasche  dazu animiert, Geld vorzustrecken, und dann soll – weil unerwartete Dinge dazwischen kommen – nachgeschossen werden. Ich habe schon wiederholt darüber berichtet, mit welch simplen Methoden die ehrenwerten Damen und Herren Betrüger aufzuwarten belieben.

Anfangs saßen die Haupttäter tatsächlich überwiegend in Lagos, hatten in Europa ihre Hilfspersonen und spekulierten auf die Gier der Menschen. Geldwäschegesetze in der heutigen Form gab es damals noch nicht, der Bürger war insgesamt weniger gläsern.

Ich habe damals mal einen Mandanten vertreten, dem war von unbekannten Wohltätern per normaler Briefpost angeboten worden, von  einem in seinem  Heimatland in Ungnade gefallenen Ex-Politiker  einen hohen zweistelligen Millionen-Dollar-Betrag  auf sein deutsches Bankkonto transferieren zu lassen. Ein paar Milliönchen sollten für seine menschenfreundliche Hilfe als Provision abfallen, da sei kein Risiko mit verbunden. Der Mann fragte sich anfangs noch, wie man ausgerechnet auf ihn als Geldempfänger gekommen sei, aber wegen des möglichen großen Geldsegens biss er an und hing kurz darauf am Haken.

Er solle nach Lagos geflogen kommen und dort einen notariellen Vertrag unterschreiben, dass er das Geld nach Gutschrift auf seinem Konto auch tatsächlich unter Abzug seiner Provision an die Berechtigten auszahlen werde, wurde ihm telefonisch angetragen. Das war ihm eigentlich nicht besonders Recht gewesen, aber sein englischsprachiger Kontaktmann verstand es, ihm klarzumachen, dass man angesichts des eminent großen Betrages eine gewisse Rechtssicherheit brauche, bevor man das Geld an eine ja letztlich unbekannte Person überweisen können. So etwas leuchtet ein, und an den paar Kröten für den Flug nach Lagos sollte es in Anbetracht der zu erwartenden Millionenprovision nun wirklich nicht scheitern.

Also buchte der Mittsechziger ein Ticket nach Lagos (damals gab es in Nigeria weder Ebola noch Boko Haram) und mietete sich für zwei Tage in ein Hotel ein, wo er den Mittelsmann des vermeintlichen Ex-Politikers traf. Der machte ihm klar, dass Alles auf dem besten Wege sei. Allerdings müsse der Mandant die Notarkosten in Höhe von 5.000 Dollar verauslagen, weil der Ex-Politiker innerhalb des Landes wegen einer Kontosperre kein Geld transferieren könne. Für eine Auslandsüberweisung habe man aber mit Hilfe eines regimekritischen  Bankdirektors einen Weg gefunden. Was sind schon 5.000 Dollar, wenn man den weiten Weg nach Lagos auf sich genommen hat und kurz davor steht, ein paar Millionen zu kassieren, dachte sich der Mandant und zahlte. Dann kamen auch noch mehr als tausend Dollar Dolmetscherkosten hinzu, die er von dem prospektiven Gewinn auch vorstreckte. Und, ach ja, dann wollte der Bankdirektor bestochen werden, weil er sonst nicht an dem heiklen Geldtransfer mitwirken könne, da sei ja nicht ungefährlich für ihn, Sie wissen schon. Der Bankdirektor kostete schlappe 20.000 Dollar, wenn ich mich recht erinnere, aber immerhin hatte der tatsächlich ein Zimmer in einem Bankgebäude, da musste ja wohl alles in Ordnung sein.

Der Mandant ließ sich fleißig von seiner Hausbank Geld nach Afrika transferieren, damit er die unerwarteten „Expenses“ zahlen konnte. Eigentlich war jetzt Alles in Butter, wenn da nicht so ein Schweinehund von der Außenhandelsbank gewesen wäre, über welche der Devisenexport abgewickelt werden musste. Der bekam nämlich Wind von der halbseidenen Geschichte und wollte nun seinerseits mitverdienen, wenn er sich schon an dem nach nigerianischem Recht illegalen Transfer beteilige. Das war misslich, aber andererseits strahlte der Mann große Kompetenz aus und wusste genau, was man veranstalten musste, um das Geld ohne Wissen der Regierung auch tatsächlich auf den Weg nach Europa zu bringen. Es war nämlich – wie er glaubhaft bekundete – nicht das erste Mal, dass er so etwas machte. Aua, der Mann war teuer, aber jetzt waren eh schon ein paar zehntausend Dollar  ausgegeben worden, das sollte ja nicht alles für die Katz´sein.

Ein paar andere Widrigkeiten, die ebenfalls Geld kosteten, kamen noch hinzu. Insgesamt blieb der Mandant in Erwartung des schwierigen Transfers 8 oder 10 Tage in Lagos und verauslagte in dieser Zeit runde 400.000 Dollar. Das muss man sich erst Mal leisten können, eine alte Oma strickt dafür  möglicherweise ihr ganzes Leben lang.

Ich muss wohl nicht erzählen, dass der Geldtransfer schließlich platzte, weil im letzten Moment irgendein subalterner Bankangestellter einen dilettantischen Fehler machte, der die Regierung auf den Plan rief. Jetzt war plötzlich die Sicherheit des Mandanten in Gefahr, er musste sogar mit seiner Verhaftung rechnen, und konnte in letzter Minute mit fachkundiger – und kostenpflichtiger – Hilfe das Land verlassen, bevor die Polizei in seinem Hotel auftauchte. Die Millionen hat er bis heute nicht gesehen. Ich habe ihm damals abgeraten, Geld an eine Organisation zu zahlen, die sich mit ihm in Verbindung gesetzt hatte, weil sie von der bösen Straftat  erfahren und sich erbötig gemacht hatte, das verauslagte Geld mit geeigneten Brachialmethoden von den Betrügern zurückzuholen. Man soll schlechtem Geld ja kein gutes hinterherwerfen, sagt ein Sprichwort.

Bei faz.net wird heute ausführlich über eine andere Masche der Nigeria Connection – das „Love Scam“ – berichtet, wobei sich durchaus auch andere Betrüger dieser Methode bedienen. Frei nach dem Motto „Wir wollen nur dein Bestes – dein Geld!“ nutzen sie die vielfältigen Möglichkeiten des Internets und anderer moderner Kommunikationsmittel, um liebeshungrigen Menschen ihr bisweilen sauer Erspartes abzuringen. Psychologisch geschickt werden die nach Anerkennung und menschlicher Nähe lechzenden Opfer umgarnt, bis sie ganz blind und oft auch  taub vor lauter Liebe und Enthusiasmus sind, obwohl sie ihren Favoriten oder ihr Favoritin noch gar nicht live kennengelernt haben. Zumeist entstehen kurz vor dem ersten vereinbarten persönlichen Treffen unverhoffte Notsituationen auf der anderen Seite, die finanzielle Unterstützung erfordern, und wenn man die ersten Kröten aus reiner Nächstenliebe locker gemacht hat, dann beginnt die Melkerei erst richtig. In England soll es eine nicht ganz niedrige sechsstellige Zahl an Opfern geben, die bis zu 800.000 Euro für einen Menschen locker gemacht haben, dem sie niemals wahrhaftig gegenüber gestanden haben. In Deutschland dürfte die Zahl vergleichbar sein, meint der Verfasser des Beitrags.

Mehr will ich hier nicht wiedergeben, klicken Sie einfach auf diesen Link.

Und denken Sie daran: Vor Weihnachten sind wir Menschen für solche Art von Nächstenliebe besonders empfänglich!

 


Kategorie: Strafblog
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