Wenn man wie ich Strafverteidiger mit Leib und Seele ist, dann ist man immer versucht, Entlastendes zu finden, wenn man von einem strafrechtlichen Vorwurf gegen Mitbürger hört, die in die Fänge der Justiz geraten sind. Ich habe auch schon eine ganze Reihe von Anwaltskollegen verteidigt, die sich – nicht immer unschuldig – in deliktische Handlungen verstrickt hatten, und fast immer hatte das eine gewisse Tragik, weil da grundsätzlich ehrenwerte Menschen aus den unterschiedlichsten, menschlich aber fast immer nachvollziehbaren Gründen in die Bredouille geraten waren.
In den letzten Tagen ist in diversen juristischen Blogs über die Anklagen gegen den berühmt-berüchtigten „Abofallen-Anwalt“ Olaf Tank berichtet worden, und ich kann ganz gegen meine sonstigen Gewohnheiten eine gewisse (nicht nur klammheimliche) Freude nicht verhehlen, dass es dem Kollegen nach dem Willen zweier bayerischer Staatsanwaltschaften an den Kragen gehen soll. Mit einer gewissen Chuzpe hat sich die Berliner Kanzlei Dr. Schmitz & Partner, durch welche Olaf Tank verteidigt wird, mit einem Blogbeitrag zu Wort gemeldet und die Zulassung der Anklage gegen Olaf Tank durch das Landgericht Darmstadt ausdrücklich begrüßt. Die Verteidigung habe nun Gelegenheit, den in den Medien, insbesondere den Internetmedien, erhobenen Vorwürfen gegen Tank in öffentlicher Verhandlung entgegenzutreten und damit auch gehört zu werden, heißt es in dem Beitrag.
Und den auf die Abofallen hereingefallenen Zigtausenden Internetusern wird gleich in der Titelzeile hämisch entgegengehalten: „Nur wer blind ist oder die rechte Bildschirmseite einfach ignoriert, kann diesen Kostenhinweis nicht wahrnehmen“. Damit zitieren Dr. Schmitz & Partner eine Passage aus einem zivilrechtlichen Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg aus Juni 2010 und halten es gleich auch für tragisch, dass das Amtsgericht Marburg in Gestalt des Richters Thomas Drengenberg dies im Februar 2010 ganz anders sah. Er selbst sei dann seit 25 Jahren „komplett blind“, wird der Amtsrichter zitiert.
Ich habe eine ganze Reihe von intelligenten und in vollem Besitz ihrer Sehkraft befindlichen Freunden und Bekannten, die auf Abofallen von Internetabzockern reingefallen sind und dann von obskuren Inkassounternehmen oder von Olaf Tank über Monate hinweg mit Mahnungen und Drohbriefen regelrecht penetriert wurden. Mir selbst ist das übrigens vor Jahren auch schon mal passiert. Man rechnet halt nicht damit, für – wirtschaftlich oft reichlich wertlose – Leistungen, die anderweitig völlig kostenlos zum Download angeboten werden, durch ein kostenpflichtiges Abo zur Kasse gebeten zu werden. Ich habe Freunde, denen ich mehrfach gesagt habe, sie sollten die Mahnungen einfach ignorieren und sich nicht einschüchtern lassen, auch wenn sich diese x-mal wiederholen. Dennoch waren sie jedes Mal wieder in heller Aufregung und riefen mich an, wenn wieder so ein Drohbrief kam. Insbesondere die anwaltlichen Anschreiben von Tank, die zumeist mit der Kopie eines von ihm für seine erlauchte Mandantschaft erstrittenen obsiegenden Urteils flankiert war, eigneten sich erheblich zur Einschüchterung der unfreiwilligen Abonnenten. Etliche haben nachher gegen meinen ausdrücklichen Rat gezahlt, weil sie sich die Aufregung ersparen und ihre Ruhe haben wollten. Mir fällt da neben dem Betrugstatbestand auch der Begriff „Erpressung“ ein …
Und der „Kollege“ Olaf Tank hat hiervon nicht wenig profitiert, wie einem lesenswerten Beitrag von Wilfried Hinrichs in der Osnabrücker Zeitung unter dem Titel „Alles über Olaf Tank: Vom Muttersöhnchen zum meistgehassten Inkasso-Anwalt“ dargelegt wird. Der Kollege (diesmal ohne Anführungszeichen) Udo Vetter hat in einem lawblog-Beitrag unter der Überschrift „Verbrechen lohnt sich doch nicht“ dargelegt, dass das Landgericht Landshut, bei dem ein weiteres Strafverfahren gegen Olaf Tank anhängig ist, bereits im Februar einen dinglichen Arrest in das Vermögen des Anwalts verhängt hat. Vetter spricht insoweit illustrativ von einem „Haftbefehl“ für sein Vermögen. Der könnte Herrn Tank durchaus zum Schwitzen bringen. Der Arrest vermag allerdings am zur Schau gestellten Optimismus seiner Verteidigung nichts zu ändern. Die begrüßt in einem weiteren Blogbeitrag ausdrücklich auch die zweite Anklage und betont ihr Vertrauen in die Strafjustiz.
„Wo nur heißer Dampf ist, brennt kein Feuer“, lässt sie uns wissen und beklagt sich – möglicherweise durchaus zu Recht – über unvollständige Gewährung von Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft Und winkt auch gleich – trotz allem Vertrauen in die unabhängige Justiz von Aschaffenburg und Landshut – mit der Einholung von BGH-Entscheidungen. Aber da mag ja auch ein Rolle spielen, dass auch die Staatsanwaltschaft Revision einlegen kann.
Die beiden Verfahren werden jedenfalls spannend werden. Ganz losgelöst von jeglicher Verteidigungsrabulistik – „Kollegen“ wie Olaf Tank brauche ich nicht.
Kategorie: Strafblog
Permalink: Mal ganz unjuristisch: Jetzt geht´s dir an den Kragen, „Kollege“ Olaf Tank
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