Fast pünktlich, nämlich um 9:15 Uhr, begann die heutige Samstagmorgenhauptverhandlung vor dem Aachener Landgericht. Aufgrund von Terminsnöten hatten alle Beteiligten das Wochenende geopfert, was vor allem bei einem der beiden Angeklagten auf wenig Gegenliebe stieß. Der war nämlich schon vor 3 Tagen von der JVA Geldern nach Aachen gebracht worden und musste dort ohne Fernseher und andere Annehmlichkeiten seine Zeit in einer Gewahrsamszelle totschlagen. Ein von mir als Entlastungszeugen aufgebotenes Ehepaar war nur zur weiblichen Hälfte erschienen, was den Unmut des Vorsitzenden hervorrief, der das von der Ehefrau mitgebrachte ärztliche Attest über den Gesundheitszustand ihres Ehemannes als wenig aussagekräftig ansah und sich deshalb die Verhängung eines Ordnungsgeldes und die polizeiliche Vorführung zum nächsten Termin ausdrücklich vorbehielt. Einer der beiden Angeklagten meinte halblaut, er wolle gerne einmal das Attest des Vorsitzenden sehen, der den vorherigen Verhandlungstermin wegen einer eigenen Erkrankung abgesagt hatte.
Weil der Staatsanwalt es als wenig tunlich ansah, die Vernehmung der Eheleute auf verschiedene Tage zu verteilen, da die sich dann absprechen könnten, wurde die Frau gleich wieder nachhause geschickt. Ein kurzfristig geladener Kripobeamter wurde noch gehört und ich habe schnell 2 weitere Beweisanträge gestellt. Den Anträgen müsse man wohl nachgehen, meinte der Vorsitzende nach kurzer Überlegung, obwohl die Staatsanwaltschaft noch keine Stellungnahme abgegeben hatte. Letzteres kann ich verstehen, weil die Anträge aus meiner Sicht geeignet sind, die Beweisführung der Strafverfolger weitgehend zu demontieren. „Jetzt dürfen aber keine weiteren Anträge mehr kommen“, meinte der Richter leutselig, was ich mit einem Lächeln quittierte. „Man weiß ja nie, was sich noch so ergibt“, fügte ich meinem Wochenendlächeln hinzu. Ansonsten ging es darum, weitere Verhandlungstermine zu finden. Nach Möglichkeit nicht noch einmal am Samstag, meinte der Vorsitzende, der Landgerichtspräsident und der Personalrat würden ihm sonst den Kopf abreißen (was nach meiner Meinung eine ziemlich gravierende Straftat wäre). Und dann wurden die Kalender miteinander abgeglichen, was rund 20 Minuten in Anspruch nahm. An einem von mir vorgeschlagenen Termin war die Kammer verhindert. Man verhandele an diesem Tag gegen einen Angeklagten mit dem Vornamen „Charles de Gaulle“, meinte der Richter, und zu allem Überfluss sei dort auch noch ein Zeuge geladen, der auf den Vornamen „Churchill“ höre. Ist ja klar, dass ein Termin mit so ungemein wichtigen Personen Vorrang hat.
Und dann haben wir uns auf 3 Fortsetzungstermine verständigt, die sich auf die Zeit bis Mitte Dezember verteilen, anders ging es trotz des Beschleunigungsgebotes in Haftsachen nicht. Manchmal ist das einfach zum Mäusemelken. Mal sehen, ob sich da haftrechtlich noch was draus machen lässt. Jetzt ist jedenfalls erstmal Wochenende, wobei ich noch einen Fristablauf auf dem Tisch liegen habe, der nicht warten kann. Ach ja, so isses …
Kategorie: Strafblog
Permalink: Mein persönlicher Samstagskrimi im Aachener Landgericht. Charles de Gaulle und Churchill verhindern einen Fortsetzungstermin.
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